Round Table Zeit und Zutritt: Individualität gefragt 

28. März 2025 von Ulli Pesch

Die angespannte wirtschaftliche Lage hinterlässt in vielen Unternehmen Spuren. Das spüren auch die Anbieter von Zeitwirtschafts- und Zutrittslösungen. Für die Teilnehmer des Round Table dennoch kein Grund, unruhig zu werden.

Zwar sei, so die einhellige Meinung der Teilnehmer der Runde, der Kostendruck gestiegen, wichtige Geschäftstreiber aber seien nach wie vor die Pflicht zur Zeiterfassung sowie die Digitalisierung. Mit flexibel angepassten Antworten und Anbietermodellen scheint man gut auf die veränderte wirtschaftliche Situation vorbereitet zu sein.

Aufgrund des technologischen Wandels, der es den Unternehmen erlaubt, sich flexibler als bisher auf die Veränderungen im Markt einzustellen, ändern sich die Anforderungen der Kunden vor allem nach mehr individueller Beratung. „Den erhöhten Beratungsbedarf nehmen wir alle wahr“, kommentiert Manuel Förster, Product Manager Time Management bei Interflex Datensysteme, die aktuell veränderte Situation.

Das habe damit zu tun, dass mittlerweile auch aufgrund der gestiegenen Komplexität mehr Know-how im Fachbereich nötig sei als noch vor 20 oder 30 Jahren, so Förster. „Früher wusste ein Kunde ziemlich genau, was er haben wollte, und konnte das dem Anbieter präzise vermitteln.“ Mittlerweile sei jedoch die Beratung gefordert herauszufinden, was das eigentliche Problem des Kunden ist, um die passende Lösung anbieten zu können, erklärt Förster.

Schmierstoff für KI

Angesichts der angespannten Situation in vielen Unternehmen und im Hinblick auf die seit Jahren klaffenden Personalengpässe kann auch die durchgängige Digitalisierung von Prozessen Linderung verschaffen. Vor allem, indem sie Abläufe optimiert und das vorhandene Personal entlastet. Besonders hilfreich könnte dabei der kraftvoll zunehmende Einsatz der KI sein.

Im Bereich von Zeitwirtschaft, Zutritt und Workforce Management könnte sie die Mitarbeitenden über eine Reihe von Prüfroutinen, Steuerungsmechanismen und Analyse-Funktionen erheblich entlasten. Doch fragen die Kunden bereits nach KI-Lösungen? Die Erfahrungen in der Runde sind unterschiedlich. Während bei einigen der Teilnehmer noch keine merkliche Nachfrage spürbar ist, kommt sie bei anderen langsam in Schwung. So regt sich beispielsweise bei der Kundenbasis des Spezialisten für Zeitwirtschaft und Zutrittskontrolle GFOS langsam Interesse an dieser Technologie.

„Wir stellen klar fest, dass der Markt verstärkt nach KI-Lösungen fragt“, meint Raphael Müller, Sales Director bei GFOS. „Allerdings betrifft das weniger die Nachfrage nach der Integration externer Lösungen wie beispielsweise Microsofts Copilot in unsere Produkte. Die fragen uns eher, wo wir selbst KI bei uns in der Software einsetzen. Natürlich hält KI auch Einzug außerhalb der Software, und zwar in Arbeitsabläufe, beispielsweise wenn ich an Supportprozesse denke.“ Wie bei jeder neuen Technologie gebe es zwar im Lauf der Entwicklung nach anfänglichem Hype immer wieder eine Ernüchterung, sagt Müller. Doch man sei mittlerweile bei einem sehr guten Reifegrad in der KI-Entwicklung angelangt, sodass heute schon sehr gute und komfortable Lösungen zur Verfügung stünden.

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Nachfrage nach KI-unterstützten Lösungen steigt an, aber grundsätzlich verharrt das Thema noch in der Trenddiskussion.
  2. Mobile Apps für Zeiterfassung, Zutritt und Workforce Management haben sich weithin durchgesetzt. BYOD wird teilweise noch abgelehnt.
  3. Viele Terminals bieten inzwischen Point-of-Interest-, Employee-Self-Service- und andere Zusatzfunktionen an.
  4. Zeit und Zutritt sind oft miteinander verknüpft. Neben RFID spielt das Handy zunehmend eine wichtige Rolle in der kontaktlosen Zutrittskontrolltechnik. Im Gebäudemanagement unterstützt KI die Lokalisierung Unbefugter auf dem Gelände.
  5. Die Cloud ist weithin die bevorzugte Technologie für Neuinstallationen. Doch immer noch nutzt etwa die Hälfte der Bestandskunden On-Premise-Lösungen.
  6. Sich ständig verändernde Anforderungen führen auch zu flexibilisierten Arbeitsformen, für die rasch Strukturen geschaffen werden müssen. Das Spektrum der Flexibilisierung kann international sehr unterschiedlich sein.

„Die neusten Zeiterfassungsterminals bieten tolle Funktionen, die die HR-Abteilungen und Mitarbeitenden maßgeblich im Tagesgeschäft unterstützen.“    

Wolfgang Blender, Produktmanager Markt EAD Online Marketing Deutschland, dormakaba Deutschland

Diskussion um die Daten muss im Vordergrund stehen

Thomas Schibschid hat eine etwas andere Sicht auf das Thema. „Ich denke, wir sind beim Einsatz von KI noch nicht über die Trend-Diskussion hinaus“, sagt der Senior Director Small and Medium Business Sales bei der ATOSS Software SE. „Wir diskutieren noch zu wenig darüber, welchen Impact ihr Einsatz wirklich auf die unterschiedlichsten Funktionen und Aufgaben im Unternehmen haben kann.“ Im Vordergrund müsse zunächst die Diskussion um die Daten stehen, mit denen die KI arbeite. Und genau das sei in den meisten Unternehmen noch ein großes Problem, weil Datensilos und stringente Prozesse über das ganze Unternehmen hinweg immer noch fehlten.

„Die Daten aus HCM, Workforce Management und ERP müssen im Gesamtkontext betrachtet und die Erfassung von Daten zeitgleich stark vereinfacht und beschleunigt werden. Erst dann haben Unternehmen eine solide Datenbasis, um mit KI bessere Interpretationen dieser Daten zu ermöglichen und wirklich richtungsweisende Erkenntnisse zu gewinnen.“ Damit, so Schibschid, könnten Unternehmen die steigende Komplexität wieder in Produktivität verwandeln. Eine weitere Herausforderung bleibt indessen nach wie vor die Kompetenz der Kunden in diesem Umfeld und damit auch die Verfügbarkeit der geeigneten Fachkräfte, die mit dieser Technologie, die weit über das Prompten mit ChatGPT hinausgeht, umgehen kann.

Mobil ist inzwischen Standard

Eine Zeiterfassung über mobile Endgeräte ist praktisch, spart Zeit und optimiert Prozesse. Neben den konventionellen Terminals oder über den PC hat sich auch die Zeiterfassung auf mobilen Endgeräten, Laptops, Tablets und dem Smartphone durchgesetzt. Trotz anfänglicher Datenschutzbedenken, die allerdings mittlerweile ausgeräumt werden konnten.

Auch Michael Förster bestätigt: „Es gibt Märkte, in die braucht ein Anbieter ohne native mobile App nicht mehr zu gehen.“ Allerdings schränkt er ein: „Bei der Diskussion um Firmen-Apps auf privaten Endgeräten (BYOD, Bring your own Device) haben jedoch manche Unternehmen immer noch Vorbehalte, auch wenn Datenschutzaspekte bei der Nutzung des privaten Handys im beruflichen Kontext nicht unbedingt im Vordergrund stehen“, so Förster. Die Diskussion um die Nutzung von Firmen-Apps auf dem privaten Smartphone komme zwar immer wieder, auf der anderen Seite finde das Thema immer mehr Akzeptanz.

Für Rainer Füess, Vice President Marketing & Partner von Atoria, sind die mobilen Apps nicht mehr wegzudenken. Apps zur Zeiterfassung seien, vor allem beim Thema flexible Arbeitszeiten, bereits Standard. Beispielsweise auch für Außendienstmitarbeiter oder in Projekten, sagt Füess. „Und weil die Mitarbeitenden mit verschiedenen Apps über das Mobiltelefon miteinander kommunizieren, trägt das zusätzlich auch zu einem verbesserten Employee Engagement bei.“

Info zum Round Table

Für ausgewählte aktuelle Themen lädt die Personalwirtschaft Experten und Expertinnen zu einem Round Table ein, um mit ihnen die aktuelle Situation, die Trends und die Herausforderungen in den Bereichen Zeit und Zutritt sowie im Workforce Management zu diskutieren. Die Expertenrunde wurde per Videokonferenz durchgeführt und von Sven Frost, Redakteur der Personalwirtschaft, moderiert.

Berichte zu unseren Round Tables finden Sie auf unserer Übersichtsseite.

„Aufgrund der gestiegenen Komplexität hat sich der Beratungsbedarf erhöht.”

Manuel Förster, Product Manager, Time Management, Interflex Datensysteme GmbH

Auf der Suche nach mehr Akzeptanz

„Die wichtigere Frage unserer Kunden ist doch, welche Daten werden verarbeitet und welche davon vorgehalten?“, wirft Förster in die Runde. „Und wie sichere ich die Kommunikation ab?“ Zwar gebe es ausreichend Antworten darauf, wie man sinnvoll damit umgehen könne. Dennoch sei dies nach wie vor eine der zentralen Fragen der Anwender. „Allerdings schießt man mit dieser Skepsis etwas über das Ziel hinaus. Es braucht einfach etwas Zeit, bis das Thema Akzeptanz findet. Wir sehen in anderen Märkten, dass das dort völlig normal ist und dass es diese Vorbehalten, wie hier in Deutschland, nicht gibt“, meint Förster.

Als vor Jahren im Zusammenhang mit der Nutzung des Smartphones die Diskussion um das Thema BYOD entfachte, kritisierten Unternehmen vornehmlich Datenschutz- und Datensicherheitsaspekte, die anfangs nicht geklärt waren. Während die einst offenen Fragen dazu mittlerweile beantwortet sind und die Zeiterfassung auch über private Handys üblich scheint, ist die Diskussion um „Bring your own Device“ für Javier del Rosario von Time Laboris, einer spanischen Zeitwirtschaftslösung, die gerade in den deutschen Markt eingestiegen ist, nicht ganz schlüssig. Er fragt: „Warum sollte ich, wenn ich ein privates Handy habe, eine berufliche App dort installieren?“ Wer das nicht wolle, könne doch bestenfalls durch eine gesetzliche Verpflichtung dazu gezwungen werden, nimmt er an. „Bei uns in Spanien ist das eigentlich kein Thema. Wer das nicht möchte, braucht das nicht zu tun“, sagt del Rosario.

Darüber hinaus müsse es dann doch eigentlich in der Verantwortung der HR-Abteilung liegen, diese Apps auf dem privaten Handy zu installieren. Einfach auch, damit das sicher sei. Allerdings sieht del Rosario ebenso die Vorteile, die sowohl die Mitarbeitenden als auch das Unternehmen durch den beruflichen Einsatz mobiler Kommunikation haben. Er schränkt ein, in Spanien würden die Zeiten oft nicht jede Woche durchgängig, sondern häufig nur einmal in der Woche für die gesamte abgelaufene Arbeitszeit erfasst. „Deshalb macht eine Zeiterfassung in Echtzeit auf dem Handy natürlich Sinn, zum Beispiel für die kurzfristige Einsatzplanung im Krankheitsfall oder auch für die Abfrage bereits geleisteter Arbeitszeiten für die Mitarbeitenden.“

Bei der Diskussion um die technologischen Trends in der Zeiterfassung, insbesondere im Kontext von Terminals und mobiler Zeiterfassung, hatte man ursprünglich angenommen, die mobile Zeiterfassung ersetze langsam die Terminals. „Nein, es werden immer noch mehr Terminals“, so Wolfgang Blender, Produktmanager Markt EAD Online Deutschland bei dormakaba. Konkrete Zahlen seien zwar nicht verfügbar, aber es sei eigentlich klar, warum das so sei: Unabhängig von der Zeiterfassung mit dem Terminal bietet das Smartphone die Möglichkeit, von unterwegs aus oder auch mal an einem Samstag von zu Hause aus die Arbeitszeiten zu erfassen. „Und ich kann vom Smartphone aus tiefer auf die Unternehmensdaten zugreifen. Das ist ein Zusatznutzen zur Zeiterfassung, den ich mit dem Terminal natürlich nicht habe. Ich würde dennoch sagen, dass die Systeme koexistent sind, nicht zuletzt auch, weil die Anwender zum großen Teil unterschiedliche sind.“

„Die Möglichkeit der Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen über Zeiterfassungs-Apps fördert das Employee Engagement.“

Rainer Füess, Vice President Marketing & Partner, Atoria

Mehr als nur Zeiterfassung

Zeiterfassung ist längst mehr als nur das Erfassen der Arbeitszeiten. Mitarbeitende können ohne aufwendiges Login ebenso auf Employee-Self-Service-Funktionen zugreifen oder wichtige interne oder persönliche Informationen abrufen. Nicht so einfach gestaltet sich das für Mitarbeitende ohne PC-Arbeitsplatz, beispielsweise in der Produktion, im Lager oder ähnlichen Örtlichkeiten im Unternehmen. Ihnen bleibt in der Regel nur das Terminal, über das sie üblicherweise ihre Kommt-/Geht-Zeiten erfassen. Mittlerweile bieten Unternehmen derlei Funktionalitäten ebenfalls über entsprechend konzipierte Zeiterfassungsterminals sozusagen als Mehrwert an. Dazu wird laut Wolfgang Blender zum Beispiel der Terminal-Screen in der Mitte gesplittet, wobei auf der linken Seite wie bisher die Zeiterfassung erfolgt, und rechts lassen sich Firmeninformationen abrufen oder wie bei einem Employee Self Service bestimmte Prozesse in Gang setzen.

Ein weiterer Aspekt: Mittlerweile existiert eine Fülle arbeitsrechtlicher Vorgaben, was die Arbeitszeiten in unterschiedlichen Branchen angeht. Hinzu kommen individuelle Betriebsvereinbarungen. Bisher mussten die HR-Verantwortlichen darauf achten, dass alle rechtlichen und vereinbarten Vorgaben eingehalten werden. „Heute gibt es andere Wege, den Mitarbeiter zu erreichen. Zum Beispiel über eine App mit Echtzeit-Hinweis darüber, dass die Höchstarbeitszeit bis zur Pause in soundso vielen Minuten überschritten wird“, sagt Manuel Förster. Beim Überschreiten der maximalen Arbeitszeit werde allerdings der Anwender nicht automatisch ausgebucht, so Förster. Das müsse dieser aktiv selbst tun. „Die Idee dahinter ist, den Mitarbeitenden mit den Zusatzfunktionen zu unterstützen, die jeweiligen Vorgaben automatisiert einzuhalten. Wie diese dann auf diese Informationen reagieren, ist deren Entscheidung.“

„Für unsere Kunden in Spanien ist Automatisierung der Zeiterfassung ein größeres Thema als hier in Deutschland“, antwortet Javier del Rosario auf die Frage nach Zeitwirtschaftslösungen in Spanien. „Während die Automatisierung von Prozessen in spanischen Unternehmen bereits sehr fortgeschritten ist, habe ich den Eindruck, dass man in Deutschland noch nicht überall so weit ist.“ Überhaupt sei die Digitalisierung in Spanien bereits in allen Bereichen viel weiter als in Deutschland, aber erst seit Kurzem schreibe das spanische Arbeitsministerium auch die elektronische Zeiterfassung vor. „In unserer Zeitwirtschaft, die auch eine Zeiterfassung beinhaltet, haben wir eine Reihe von zusätzlichen Lösungen, beispielsweise zur Datenanalyse und Auswertung, zur Aufteilung der Arbeitsaufträge und zur Schichtplanung, integriert. Wir hoffen deshalb, dass wir mit unserem gut auf den deutschen Markt angepassten Portfolio noch eine Menge dazulernen können“, wünscht er sich.

„Wir stellen klar fest, dass der Markt verstärkt nach KI-Lösungen fragt.“

Raphael Müller, Sales Director, GFOS

Zutritt und Gebäudemanagement

Zeiterfassung und Zutrittskontrolle sind heute häufig zwei Seiten einer Medaille. Weil die Zeiterfassung in vielen Fällen mit einer Zutrittskontrolle verknüpft ist – ob bereits am Eingang zum Betriebsgelände oder zu Bereichen und Abteilungen im Unternehmen, zu denen nur bestimmte Personen Zutritt erhalten. Im Gebäudemanagement kann heute die KI in Verbindung mit der Zutrittskontrolle mittlerweile wichtige Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel, wenn es um die Überwachung des Betriebsgeländes geht, bei dem die KI selbsttätig Aufnahmen auswertet und bei Bedarf den unerlaubten Zutritt bestimmter Personen identifiziert.
Bei Zutrittslösungen werde, ergänzt Wolfgang Blender, die klassische Schlüsselverwaltung zunehmend durch digitalisierte und automatisierte Lösungen ersetzt.

„Hinzu kommt die kontaktlose Zutrittskontrolltechnik, das heißt, neben der RFID-Karte ist das jetzt mehr und mehr das Smartphone, das dann sowohl mit Apple als auch mit Android-Geräten als digitaler Schlüssel – oftmals in Verbindung mit Apps – verwendet werden kann.“ Und weiter: „Dann haben wir die klassische Kombination aus Zeit­erfassung und Zutrittskontrolle mit vielen Mehrwerten für die Mitarbeitenden, aber auch für Betriebsfremde. In Notfällen, zum Beispiel bei einem Brand, kann das System auf Basis von Zutrittsdaten erkennen, welche Personen im Gebäude sind. An einem Sammelplatz wird geprüft, wer da ist und wer sich noch im Gebäude befindet. Es ist auch wichtig, neben der Rolle des ‚einfachen Mitarbeitenden‘ deren Zusatzrolle (Ersthelfer, Feuerwehr) bei Brand- und Evakuierungsmaßnahmen zu kennen. Dies ist auch bei Schichtplanungen zu berücksichtigen.“

„Das stimmt, da ist heute auf mehreren Ebenen technologisch bereits relativ viel möglich“, stimmt Raphael Müller seinem Kollegen Blender zu. „In der Schweiz kenne ich beispielsweise ein Unternehmen, das auf Grundlage eines Gangmusters Zutritte zuteilen oder sperren kann, denn scheinbar hat jeder Mensch eine ganz individuelle Gangart.“ Interessant sei auch die Verknüpfung der Einsatzplanung mit dem Zutritt. „Dann erhält ein Mitarbeiter nur Zutritt zum Areal oder Gebäude, wenn er auch tatsächlich für diese Schicht eingeplant ist“, erklärt Müller. Bei den Zutrittstechnologien müsse man aber stets die Datenschutzaspekte im Auge behalten, gerade bei biometrischen Daten. „Was die aktuellen Trends angeht, ist das ein spannender Markt“, urteilt der Sales Director. „Doch was sich letztendlich gerade von den neuen Technologien langfristig durchsetzt, wird sich zeigen.“

„Ich möchte das, was Wolfgang Blender über den Einsatz verschiedener Technologien im Bereich Zeit und Zutritt vorhin sagte, ebenfalls ergänzen“, kommentiert Rainer Füess die Ausführungen seines Kollegen. „Wir sehen darüber hinaus, dass es weiterhin eine Kombination der Online-Zutrittskontrolle über verkabelte Terminals, beispielsweise für den Außenbereich und über nicht verkabelte Lösungen in den Innenbereichen, gibt. Da geht es auch um die entsprechenden Sicherheitsanforderungen, die bei solchen Projekten üblich sind.“ Er verweist auf OSS, Open Security Standard, für Sicherheit, Flexibilität und Interoperabilität in Zutrittskontrollsystemen, durch den unterschiedliche Systeme nahtlos miteinander zusammenarbeiten können. Füess: „Wir haben hier entsprechende Möglichkeiten zur Anbindung nicht nur für die reine Zutrittssteuerung, sondern auch für Einbruch- und Brandmeldeanlagen, Tür-Überwachung und ähnliche Szenarien.“

„In Spanien ist sowohl die Digitalisierung als auch die Automatisierung von Prozessen weiter fortgeschritten als in Deutschland.“

Javier del Rosario, Business Development Manager, Time Laboris

Die Cloud – das „New Normal“?

Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt die Software-Emigration in die Cloud Organisationen und im Speziellen HR mit seinen personalrelevanten Daten und Prozessen. Die anfängliche Skepsis gegenüber der Technologie ist allerdings längst ausgeräumt, die Vorteile liegen auf der Hand. „Insbesondere für die kleinen Unternehmen, die jetzt an die Einführung einer Zeit­erfassung denken, ist die Cloud eine gute Wahl“, sagt Rainer Füess. Es gibt viele Vorteile, die dafür sprechen, vor allem, wenn das Unternehmen selbst nicht über eine eigene IT-Abteilung verfügt. Für diese Unternehmen ist eine Zeiterfassung in der Cloud sehr komfortabel, weil sie sich um den eigentlichen Betrieb der Lösung nicht mehr kümmern müssen. Zusätzlich überzeugen meistens Kosten und Effizienz dieser Lösungen.

„Wir erkennen einen ganz drastischen Trend zur Cloud. Die Vorteile für Verfügbarkeit, Sicherheit und Compliance, Kosteneffizienz, Skalierbarkeit, nahtlose Integration und Innovation liegen auf der Hand“, sagt Thomas Schibschid zur neuen Cloud-Normalität. „Wir merken es auch in unserem Bestandskundenumfeld, in dem wir viele sehr langfristige On-Premises-Installationen haben, die sich mit immer mehr Schwung auch in die Cloud-Welt bewegen.“

Den einzigen Hemmer, in die Cloud zu gehen, sieht Schibschid noch in den vielen Private-Cloud-Anbietern, die eigentlich nur fremd gehostete On-Premises-Lösungen und keine nativen Cloud-Systeme seien. Das halte etliche Unternehmen noch vom zügigen Umstieg in die native Cloud-Welt ab. Selbst Cloud-Skeptiker seien, nicht zuletzt angesichts steigenden Kostendrucks, mit der Option, in der Cloud produktiver und effizienter sein zu können, gedanklich für das Thema offen. Thomas Schibschid ist überzeugt, dass Unternehmen sich auf immer schnellere Veränderungen einstellen müssen, die man noch nicht umfassend antizipieren könne. „Wer sich heute nicht für die Zukunft rüstet, einfach, weil im Moment alles gut läuft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er in ein paar Jahren nicht mehr wettbewerbsfähig ist.“

„Trotzdem gibt es noch irrsinnig viele Bestandskunden, die nach wie vor nicht in der Cloud sind“, fügt Wolfgang Blender hinzu. „Ich schätze mal, unter dem Strich sind es sicher über 50 Prozent, die noch mit On-Premise-Lösungen arbeiten. Natürlich beschäftigen die sich auch mit der Cloud-Thematik, aber viele haben drängendere operative Herausforderungen, als sich um diese Form der Transformation zu kümmern. „Dann heißt es, wir haben zuerst noch andere Aufgaben zu lösen, bevor wir mit der Zeitwirtschaft in die Cloud gehen – heute und morgen müssen wir noch nicht.“ Er meint, es könne durchaus noch zehn Jahre dauern, bis alle Kunden auf die Cloud modernisiert hätten.

Auch Rainer Füess bestätigt, dass es in deren Kundenstamm noch zahlreiche Anwender gibt, die mit ihren alten Inhouse-Installationen zufrieden sind: „Wir haben noch etliche Kunden, die ihr bisheriges System nutzen wollen, solange es gut funktioniert, die Kosten überschaubar sind und es ihren Bedürfnissen genügt.“

„Viele unserer On-Premise-Bestandskunden bewegen sich mit immer mehr Schwung in die Cloud-Welt.“

Thomas Schibschid, Senior Director SMB Sales, ATOSS Software

Flexibilisierung und Mitarbeiterengagement

Zum Abschluss des Roundtables unterhielten sich die Experten über das Engagement der Mitarbeitenden im Unternehmen und deren Verständnis zu einer flexibilisierten Arbeitswelt. Nach Überzeugung von Thomas Schibschid geht es beim Thema Flexibilität und Mitarbeiterengagement nicht nur darum, wie man Mitarbeitende halten kann. Durch Digitalisierung und starke Digitalisierungspartner wie ATOSS müsse man Strukturen schaffen, die schnelle und gezielte Reaktionen auf neue Anforderungen und die zunehmende Komplexität ermöglichen. Er erzählt hierzu von deren Kunden Hornbach, der, während alle anderen Baumärkte Schwierigkeiten hatten, Personal zu finden, mit dem Modell „Arbeitszeit nach Maß“ großen Erfolg hatte. Hornbach konnte Mitarbeitende mit den unterschiedlichsten Arbeitszeit-Präferenzen in die Planung integrieren und diese ohne Umsatzeinbußen zielgerichtet einsetzen. „Damit hatte das Unternehmen gleichzeitig Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit gesteigert.“ Das werde, so Schibschid abschließend, aber nur funktionieren, wenn zuerst die Prozesse angepasst und dann die Mitarbeiter wirklich selbstbestimmt in die Prozesse integriert würden.

„Bei uns sind die Ansprüche der Mitarbeitenden im Hinblick auf Flexibilisierung nicht so ausgeprägt wie offensichtlich in Deutschland“, vermutet Javier del Rosario. Die hierarchischen Strukturen in den Unternehmen seien auch noch etwas starrer als in deutschen Unternehmen, fügt er hinzu. Unternehmen würden allgemein auch nicht so flexibel auf private Belange der Mitarbeitenden eingehen, beispielsweise wenn ein Kind erkranke und die Mutter oder der Vater deshalb zu Hause bleiben müsse. „Da müssen die Mitarbeitenden in der Regel selbst eine Lösung finden.“ Allerdings litten die Unternehmen, wie hier auch, unter einem Fachkräftemangel. Daher, denkt er, müssten sich die spanischen Arbeitgeber zwangsläufig stärker auf die Anforderungen der Mitarbeitenden einstellen, wenn sie für diese als Arbeitgeber attraktiv sein wollten.

Auf die Frage, wie die Anforderungen der Mitarbeitenden in der Schweiz vor allem in puncto Flexibilität von Arbeitszeit und -ort sind, antwortet GFOS-Experte Raphael Müller, der seinen Sitz in der Schweiz hat: „Umfragen bestätigen, dass die Schweizer Arbeitnehmer innerhalb Europas tatsächlich die höchsten Ansprüche diesbezüglich haben. Etwas überspitzt formuliert will man, was den Arbeitsplatz angeht, keinerlei Einschränkungen haben, ebenso nicht, was das Thema zeitliche Flexibilität angeht. Deshalb müssen Arbeitgeber – die Arbeitslosenquote ist noch niedriger als in Deutschland – noch mehr auf die Wünsche der Mitarbeitenden eingehen als in Deutschland.“

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