Negen Poovan-Münstermann: „In Vielfalt liegt großes Potenzial“

Personalwirtschaft: Frau Poovan-Münstermann, Sie haben sowohl HR-Erfahrung in Deutschland als auch in Südafrika gesammelt. Was sind die größten Unterschiede, was die Gemeinsamkeiten? Negen Poovan-Münstermann: Der größte Unterschied liegt im Mindset: kollektiv hier, individualistisch dort. Südafrikanische Mitarbeitende legen hohen Wert auf Teamspirit und arbeiten gemeinsam an einem „Higher Purpose“. Sie sind gewohnt und kreativ darin, mit wenigen Ressourcen auszukommen und unter schwierigen Umständen erfolgreich zu sein. Meine Wahrnehmung ist, dass dieser spezielle Teamspirit in Deutschland manchmal weniger ausgeprägt ist und man bei der Arbeit ernster ist. Und: Deutschland hat sehr viele Errungenschaften und Ressourcen, die wir vielleicht mehr wertschätzen sollten. Was machen Sie am liebsten, wenn Sie abschalten möchten? Laufen, Reisen, Freunde treffen, mit unserem Hund spazieren gehen oder auch einfach mal gar nichts machen. Was sind Ihre Wünsche für die nächsten Jahre? Ich möchte gerne die Zukunft des Arbeitens mitgestalten. Hierzu habe ich in meiner aktuellen Rolle bei Novartis mit Activity Based Working ein spannendes Betätigungsfeld. Mit Blick auf den kulturellen Wandel möchte ich unsere Kultur der Inspiration, der Verantwortlichkeit und des Vertrauens weiterentwickeln. Zukünftig könnte ich mir vorstellen, die Personalleitung für mehrere Länder beziehungsweise eine Region zu übernehmen oder Chief HR Officer zu werden. Welche Chancen haben sich in Ihrer Karriere nie ergeben? Ich habe sowohl als externe Beraterin als auch in verschiedenen Rollen bei spannenden Unternehmen in unterschiedlichen Branchen gearbeitet und hatte hierbei sowohl lokale und regionale als auch globale Verantwortung. Auch im Hinblick auf HR habe ich ein breit gefächertes Feld an Aufgaben und Projekten bedient. Vermisst habe ich daher bisher nichts, außer vielleicht, noch einmal in einem anderen Land zu arbeiten oder ein Sabbatical einzulegen. Welche zentralen Lehren aus Ausbildung und Studium haben Ihnen im Berufsleben wirklich weitergeholfen? Als Organisationspsychologin habe ich mich mit der südafrikanischen Philosophie Ubuntu – „I am because we are“ – und ihrer Auswirkung auf die Effektivität von Teams beschäftigt. Daher ist es mir wichtig, Zusammenhalt, vertrauensvollen Umgang sowie ein offenes und inklusives Miteinander zu fördern und als Führungskraft vorzuleben. Dies stärkt gegenseitiges Vertrauen sowie das Wir-Gefühl, und lässt Teams gemeinsame Ziele besser erreichen. Gab es Irrwege oder Sackgassen, in die Sie geraten sind? Das nicht, aber mir wurden aufgrund meiner Herkunft oder Staatsangehörigkeit mitunter kritische Fragen gestellt, beispielsweise zum Status meines Visums. Diese Erfahrung hat mich gelehrt, dass es mit Blick auf Diversity und Offenheit darauf ankommt, dass diese Werte auch im Alltag von den Führungskräften und Mitarbeitenden gelebt werden. Welcher berufliche Wechsel war am bedeutsamsten für Ihre Karriere? Im Januar 2012 von Kapstadt nach Berlin. Sich in einer neuen Stadt und Kultur zurechtzufinden, eine neue Aufgabe in einem völlig neuen Umfeld (man denke nur an das Arbeitsrecht) auszufüllen, gleichzeitig die Sprache zu vervollkommnen und sich ein neues soziales Umfeld aufzubauen, war eine Herausforderung. Hinzu kamen das kalte Winterwetter und die weite Entfernung zu meiner Familie. Für meine Karriere war es jedoch eine unglaubliche Bereicherung und hat mir neue Chancen eröffnet. Was war Ihre prägendste Station und warum? Meine erste Stelle in der Pharmaindustrie hat mich von Anfang an nachhaltig geprägt. Zum einen aufgrund des Ortswechsels: Anfänglich habe ich das internationale Umfeld in Berlin-Mitte vermisst, jetzt lebe ich in München und liebe die Stadt für die Herzlichkeit und das schöne Umland. Zum anderen ist zeitgleich meine Mutter in Südafrika an Krebs erkrankt und nach kurzer Zeit verstorben. Die außergewöhnliche Unterstützung in meinem beruflichen Umfeld ist für mich Vorbild, wie man als Führungskraft in ähnlichen Situationen vorgeht. Die Tatsache, ein Pharmaunternehmen dabei zu unterstützen, Therapien für Krankheiten zu entwickeln, hat mir in dieser Zeit sehr geholfen. Wie können Sie diese Erfahrungen hier in Deutschland nutzen? Sowohl in Südafrika als auch in Deutschland gibt es gut ausgebildete und hoch motivierte Mitarbeitende, die neugierig und weltoffen sind. Es macht mir Freude, mit solchen Menschen zusammenzuarbeiten und gemeinsam Themen nach vorne zu treiben. Ich bin überzeugt, dass in der Vielfalt unserer Mitarbeitenden ein großes Potenzial für kreative und innovative Ideen liegt. Wie würden Sie Ihren Lebenslauf in drei Adjektiven umschreiben? Optimistisch, offen und stets mutig, neue Wege einzuschlagen. Info Dieser Beitrag wird auch in unserer Oktober-Ausgabe 2024 erschienen. Alle Beiträge finden Sie als Abonnentin oder Abonnent im E-Paper.

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