Wir haben für den ersten Teil unserer Kolumne „So ist’s Arbeitsrecht“ bei Dr. Lorenz Mitterer, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Zirngibl Rechtsanwälte, nachgefragt.
Personalwirtschaft: Wann darf der Arbeitgeber nach einem Bewerber im Internet suchen?
Lorenz Mitterer: Gar kein Problem ist die Online-Recherche über Bewerber, wenn eine datenschutzrechtliche, schriftliche Einwilligung des Bewerbers vorliegt. In den USA wird das zum Teil durchaus gemacht, in Deutschland findet das in der Praxis aber nicht statt. Nichtsdestotrotz googlen sehr viele Arbeitgeber und Recruiter nach den Bewerbern. Das ist zunächst zulässig.
Und dürfen diese Daten dann im Bewerbungsprozess verwerten werden?
Eine Verwertung ist zulässig, wenn ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht, das gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung seiner Daten überwiegt. Das heißt konkret: Wenn die gewonnenen Daten Rückschlüsse auf die fachliche, persönliche oder gesundheitliche Eignung für die angestrebte Tätigkeit zulassen, dann dürfen diese herangezogen werden. Informationen aus dem Privatleben – etwa, dass der Bewerber ausweislich seiner Facebook-Bilder gerne Bier trinkt – in aller Regel nicht. Es muss eine Verbindung zur potenziellen Stelle bestehen.
Sind Accounts auf beruflichen Plattformen wie Xing und LinkedIn für den Arbeitgeber leichter heranzuziehen?
Es kommt natürlich auf den Einzelfall an, aber tendenziell kann die Verbindung zum beruflichen Kontext als Anlass der Suche hier leichter geschaffen werden. Die Informationen, die man bei der Online-Recherche über Bewerber in den Accounts findet, sind ja meistens auch beruflicher Art und seltener privater Natur. Der Arbeitgeber kann zum Beispiel grundsätzlich den Lebenslauf oder Angaben zu Qualifikationen abgleichen.
Welche nachteiligen Konsequenzen gibt es, wenn der Arbeitgeber die Privatsphäre des Bewerbers nicht wahrt und solche Informationen in den Auswahlprozess mit einbezieht?
Die für den Arbeitgeber nachteiligen Konsequenzen reichen von Bußgeldern, Unterlassungsklagen zum Beispiel des Betroffenen über eine ungewollte Aufmerksamkeit der Datenschutzbehörden und behördliche Maßnahmen bis hin zu einem Imageschaden.
Gelten für das Suchen nach Mitarbeitenden im Internet dieselben Regeln?
Prinzipiell schon. Wenn der Vorgesetzte zum Beispiel mit seinem privaten Account aus privaten Gründen nach Mitarbeitenden sucht, dürfte das kein Problem sein, wenn eine persönliche/freundschaftliche Beziehung zwischen den Personen besteht. Macht er es im beruflichen Kontext, muss dafür ein Anlass und somit auch ein berechtigtes Interesse vorliegen – beispielsweise: Ich habe als Arbeitgeber den begründeten Verdacht, dass ich von meinem Arbeitnehmer im falschen Licht dargestellt werde oder dieser unzweifelhaft falsche Behauptungen über mich verbreitet.
Gesine Wagner ist hauptverantwortlich für die Themen Arbeitsrecht, Politik und Regulatorik und ist Ansprechpartnerin für alles, was mit HR-Start-ups zu tun hat. Zudem verantwortet sie die Erstellung der zahlreichen Newsletterformate sowie unser CHRO-Panel.