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Plattformarbeit: Neue EU-Richtlinie beschlossen

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Plattformarbeit ist eine Beschäftigungsart, bei der Personen über eine Online-Plattform beauftragt werden, spezifische Dienstleistungen für ein Unternehmen zu erbringen. Häufig ist jedoch der arbeitsrechtliche Status der Plattformbeschäftigten unklar. Sind sie selbstständig, oder stehen sie in einem Arbeitsverhältnis?

Mit einer neu beschlossenen Richtlinie will die EU diesbezüglich für mehr Klarheit und für bessere Arbeitsbedingungen sorgen.

Bei Erfüllen bestimmter Kriterien wird ein Arbeitsverhältnis vermutet

Kernpunkt des nun gefundenen Kompromisses ist eine „gesetzliche Vermutung“. Sie soll dazu beitragen, den korrekten Beschäftigungsstatus von Personen zu bestimmen, die über digitale Plattformen arbeiten. Laut Artikel 5 Abs. 1 der Richtlinie wird die Plattformarbeit rechtlich als Arbeitsverhältnis angesehen, „wenn gemäß den nationalen Rechtsvorschriften, Kollektiv- beziehungsweise Tarifverträgen oder den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs Tatsachen, die auf Kontrolle und Steuerung hindeuten, festgestellt werden.“

Personen, die Plattformarbeit leisten, können sich auf die gesetzliche Vermutung berufen und eine mögliche Falscheinstufung geltend machen. Damit sollen Plattformbeschäftigte in die Lage versetzt werden, die ihnen möglicherweise zustehenden Arbeitnehmerrechte in Anspruch zu nehmen. Will die digitale Arbeitsplattform die gesetzliche Vermutung widerlegen, muss sie nachweisen, dass das betreffende Vertragsverhältnis kein Arbeitsverhältnis ist.

Umsetzung obliegt den nationalen Gesetzgebern

Die EU-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, eine wirksame widerlegbare gesetzliche Vermutung des Arbeitsverhältnisses festzulegen, die das Verfahren zugunsten von Plattformbeschäftigten erleichtert. Daniel Happ, Partner der Wirtschaftskanzlei Noerr, erläutert die neuen EU-Vorgaben aus arbeitsrechtlicher Perspektive: „Nunmehr steht fest, dass zumindest für Beschäftigte der Plattformökonomie die gesetzliche Vermutung eines Arbeitsverhältnisses beim Erfüllen bestimmter Kriterien kommen wird. Es wird mit Spannung erwartet, wie der deutsche Gesetzgeber diese neue Systematik in die bestehende Ordnung einfügt und ob er die Vermutung über den Plattformbereich hinaus ausweitet.“ Die EU-Mitgliedstaaten haben zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Verwendung von Algorithmen soll transparenter werden

Darüber hinaus wird erstmals die Verwendung von Algorithmen am Arbeitsplatz auf EU-Ebene reguliert. Gemäß der neuen Richtlinie sind Unternehmen künftig dazu verpflichtet, Plattformbeschäftigte ordnungsgemäß darüber zu unterrichten, wenn automatisierte Überwachungs- und Entscheidungssysteme zum Einsatz kommen, die Einfluss auf die Arbeitsbedingungen haben. „Entgegen ersten Befürchtungen muss eben nicht der Algorithmus selbst offengelegt werden, sondern nur Informationen darüber, ob solche Systeme überhaupt eingesetzt werden und welche wesentlichen Parameter die Entscheidungen beeinflussen“, erklärt Johannes Stuve, Associate in der Kanzlei Noerr.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.