Der öffentlich-rechtliche Westdeutsche Rundfunk (WDR) möchte seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Neutralität verpflichten, und zwar auch auf deren privaten Social-Media-Accounts. Der Entwurf einer entsprechenden „Dienstanweisung zum Umgang mit sozialen Medien“ sorgt derzeit bei der Rundfunkanstalt und darüber hinaus für Aufruhr, nachdem er bei netzpolitik.org veröffentlicht wurde. Laut WDR handelt es sich dabei allerdings nicht um den aktuellen Stand der Beratungen. Zudem gehe es vor allem darum, „private und dienstliche Äußerungen in den Sozialen Medien voneinander [zu] trennen“, heißt es in einer Mitteilung, und nicht darum, den Mitarbeitenden vorzuschreiben, was sie in den sozialen Medien teilen oder nicht teilen dürfen.
Doch darf der WDR als Arbeitgeber überhaupt in die private Meinungsäußerung seiner Mitarbeitenden eingreifen? Das Portal Legal Tribune Online hat dazu mehrere Rechtsexpertinnen und -experten befragt. Sie weisen darauf hin, dass gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk zwar einerseits als Anstalt des öffentlichen Rechts direkt an das Grundgesetz mitsamt der Meinungsfreiheit aus Artikel 5 gebunden, andererseits in besonderem Maße der Neutralität verpflichtet seien. Entscheidend sei deshalb wohl, “wie exzessiv der WDR sein Direktionsrecht ausübt”, heißt es in dem Artikel. Für private Verlage und Pressehäuser gelten diese strengen Vorgaben hingegen nicht in jedem Fall.
In einem Interview zum Thema Druckkündigungen bei Shitstorms hatte der Juraprofessor Arnd Diringer im vergangenen Jahr uns gegenüber eine weitere Herangehensweise empfohlen, mit der Arbeitgeber das Thema Social Media-Aktivitäten der Mitarbeitenden angehen kömmen: Der Arbeitgeber solle den Beschäftigten überhaupt klar machen, dass Äußerungen in den sozialen Netzwerken auch auf ihr Unternehmen zurückfallen können – insbesondere wenn etwa auf Social-Media-Profilen steht, wo jemand arbeitet. „Wir haben zwar den Grundsatz, dass es den Arbeitgeber nichts angeht, was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit macht“, sagt der Jurist. „Wenn allerdings eine Verbindung zum Job gezogen werden kann, dann kann das bei der arbeitsrechtlichen Beurteilung relevant sein.“ Sanktionen seien dann zumindest theoretisch möglich.
Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Recruiting und Employer Branding.