Zehn Stunden beträgt die durchschnittliche Bildschirmzeit in Deutschland inzwischen. Ein beträchtlicher Teil davon entsteht durch die Arbeit. Fast ein Drittel ihrer Arbeitswoche verbringen Beschäftigte in Video-Calls. Für viele Mitarbeitende resultiert das in digitalem Stress.
Digitaler Stress beschreibt die psychologische Belastung durch die vielfältigen Anforderungen und den übermäßigen Gebrauch von digitalen Technologien und Geräten. Und dieser hat signifikante Konsequenzen für unsere mentale Gesundheit und unsere Produktivität. Doch was können wir tun, um diesen digitalen Stress zu bewältigen und wie können wir ihm sogar vorbeugen?
Psychologische Auswirkung von digitalem Stress
Zunächst einmal hat digitaler Stress einen direkten Einfluss auf unsere mentale Gesundheit. Andauernder Stress begünstigt Burnout und andere psychische Störungen wie Depressionen und Angststörungen. Auch unsere Leistung nimmt durch andauernden digitalen Stress radikal ab. Doch welchen Einfluss hat digitaler Stress im Detail?
Wir verlieren an Produktivität
Häufige Ablenkung durch ständiges Überprüfen und Aktualisieren von Benachrichtigungen oder soziale Netzwerke unterbricht unsere Konzentration und kann uns in unseren Arbeitsaufgaben stören. Es dauert durchschnittlich 23 Minuten, bis wir nach einer digitalen Ablenkung wieder in den vorherigen Konzentrationszustand zurückkehren. Die endlose Fülle von und der einfache Zugang zu Informationen in unserem Arbeitsalltag kann zudem dazu führen, dass wir multitasken, zwischen Arbeitsaufgaben springen oder diese aufschieben. Das Ergebnis: Wir beeinträchtigen unsere Effizienz und Produktivität.
Informationsverarbeitung und Aufmerksamkeit fallen uns schwer
Wenn wir ständig neue Informationen verarbeiten (ohne ausreichend Pausen), kann dies zur Überlastung führen und unsere Fähigkeit zur längerfristigen Konzentration verringern. Durch die andauernde Informationsflut trainieren wir schlichtweg unsere Gehirne auf die falsche Art und Weise. Wir können zwar schnell viele Informationen aufnehmen, vergessen sie allerdings auch schnell wieder. Das Resultat: Wir können uns nicht mehr lange konzentrieren und demnach Informationen auch schlechter abspeichern. Denn um Informationen im Langzeitgedächtnis abspeichern zu können, benötigt es einige Zeit. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass die Folgen der digitalen Informationsflut unsere Aufmerksamkeitsspannen verringern.
Unser Schlaf leidet
Die Nutzung von digitalen Medien, insbesondere kurz vor dem Schlafengehen, kann die Melatoninproduktion beeinflussen und so unseren Schlaf stören und die Schlafqualität beeinträchtigen. Melatonin ist ein natürlich vorkommendes Hormon, das vom Körper produziert wird und eine Schlüsselrolle bei der Regulation des Schlaf-Wach-Zyklus spielt.
Daran ist jedoch nicht nur die Blaulichtemission Schuld. Das Konsumieren aufregender oder stressiger Inhalte, wie beispielsweise Arbeits-E-Mails, kann geistig stimulieren und zu Schlafstörungen führen. Wenn die Nutzung digitaler Medien zudem zu spät in die Nacht hinein erfolgt, kann dies schlicht zu einer verkürzten Schlafdauer führen.
Die zunehmende Vergleichskultur vermindert unseren Selbstwert
Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gefragt, was sie an der Digitalisierung im Arbeitskontext besonders stresst, fällt oft der Punkt Leistungsüberwachung. Digitale Technik schafft Transparenz und macht den ständigen Vergleich einfacher. Das kann dazu führen, dass wir die Realität verzerrt wahrnehmen und unser Selbstwert vermindert wird.
Warum lassen wir digitalen Stress zu?
Viele der negativen Effekte rund um digitalen Stress sind für die meisten von uns nicht neu. Doch warum nutzen wir so viele digitale Tools, wenn wir uns der Konsequenzen bewusst sind?
- Dopamin-Effekt: Digitale Tools sind oft so gestaltet, dass sie süchtig machen. Sie bieten Belohnungen zum Beispiel in Form von Likes oder Kommentaren, die das Gehirn mit Dopamin belohnen, was wiederum positive Gefühle hervorruft. Dies kann Menschen dazu ermutigen, mehr Zeit online zu verbringen, um diese Belohnungen zu erhalten.
- FOMO: Die Angst, etwas zu verpassen, treibt viele dazu, ständig online zu sein. Bei der Arbeit, wie auch in den sozialen Medien, möchten wir sicherstellen, dass wir keine wichtigen Ereignisse oder Neuigkeiten verpassen.
- Multitasking-Illusion: Viele glauben fälschlicherweise, dass sie effizienter sind, wenn sie mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen. In Wirklichkeit kann Multitasking aber die Produktivität verringern und die Konzentration beeinträchtigen.
- Entspannung: Einige Menschen nutzen digitale Tools, schauen Serien, spielen Spiele oder verwenden Apps, um Stress abzubauen oder sich zu entspannen.
Wie können Unternehmen bei der Bewältigung von digitalem Stress unterstützen?
Schon rein gesetzlich sind Arbeitgebende verpflichtet, sich um die Gesundheit ihrer Beschäftigten zu kümmern und ein betriebliches Gesundheitsmanagement aufzusetzen. Doch was können Unternehmen konkret tun, um Mitarbeitende beim Umgang mit digitalem Stress zu unterstützen? Hier sind sechs konkrete Maßnahmen:
1. Bewusstsein schaffen und schulen
Arbeitgebende können Mitarbeitenden Zugang zu Informationen rund um digitalen Stress und dessen Einfluss auf ihre mentale Gesundheit verschaffen, um ein Bewusstsein für die Gefahren von digitalem Stress zu vermitteln. Informationsveranstaltungen, Weiterbildungsprogramme rund um Digital Overload und Stressmanagement können Beschäftigten helfen, einen besseren Umgang mit digitalen Tools zu finden.
2. Mitarbeitenden konkrete Strategien an die Hand geben
Welche Strategie im Umgang mit digitalem Stress hilft, ist sehr individuell. Mitarbeitende dabei zu unterstützen, erste Ansatzpunkte bei der Bewältigung zu finden, ist dennoch hilfreich. Drei hilfreiche Strategien zur (digitalen) Stressbewältigung sind zum Beispiel:
- Screentime verringern durch smarte Einstellungen auf dem Handy zum Beispiel durch App-Limits, die Fokus-Funktion oder Bildschirm-Auszeiten
- Andere Quellen für die Dopaminausschüttung finden, wie zum Beispiel eine Dankbarkeitsübung
- Zur Entspannung das Gegenteil von dem tun, was uns gestresst hat. Das heißt zum Beispiel Achtsamkeitspausen einlegen, um Grübelschleifen zu durchbrechen oder Bewegung und Natur, um einen gesunden Ausgleich zum vielen Sitzen im Büro zu schaffen.
3. „Meeting-free Days“ implementieren
Meetingfreie Tage bieten Mitarbeitenden Zeit und Raum, um sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren, ohne ständig von Meetings und digitalen Tools unterbrochen zu werden. Dies ermöglicht eine bessere Planung, Priorisierung und Fertigstellung von Aufgaben, was Stress reduzieren und die Produktivität erhöhen kann.
4. Klare Prozesse und Vorgaben zur Erreichbarkeit festlegen
Feste Regeln zur Erreichbarkeit helfen Mitarbeitenden dabei, bewusst Abstand von digitalen Tools zu nehmen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Eine solche Regel könnte beispielsweise sein, Nachrichten für Kollegen und Kolleginnen nach einer gewissen Uhrzeit für den nächsten Tag zu planen und nicht noch am Abend zu verschicken.
5. Offline-Pausen zur Gewohnheit machen
Pausen ohne digitale Tools können uns helfen, uns vom Digital Overload zu regenerieren. Einige Beispiele hierfür sind Walking-Meetings, das Mittagessen im nächstgelegenen Park oder spielerische Pausen, die die Kreativität anregen, wie zum Beispiel eine kurze Skizzen-Session.
6. Digitale Chancen entdecken
Tatsächlich kann es auch sinnvoll sein, digitalen Stress mit digitalen Lösungen zu bekämpfen, wie zum Beispiel:
- das Nutzen von Google, ChatGPT & Co., um mit wenigen Klicks und innerhalb von Sekunden Stressmanagementtechniken, Entspannungsübungen und vieles mehr zu entdecken.
- Apps, die uns aktiv darin unterstützen, die digitalen Medien bewusster zu nutzen und unsere Screen-Time im Griff zu behalten.
- digitale Lösungen zur Stärkung der mentalen Gesundheit und unseres Wohlbefindens, die uns Zugang zu verschiedenen Unterstützungsformaten bieten.
Wir leben in einer Welt, in der digitaler Stress unsere neue Realität ist. Das hat natürlich Auswirkungen auf unsere Produktivität, Gesundheit und generell auf unser Leben. Wenn wir uns diesen bewusst werden und ihnen aktiv begegnen, können wir digitalen Stress effektiv bewältigen und unseren Fokus wieder auf digitale Chancen richten.