Wenn Mitarbeitende während ihrer Arbeit unterbrochen werden, wird das in der Summe teuer für den Arbeitgeber. Denn Störungen der Konzentrationsphasen sowie überflüssige Meetings kosten Unternehmen jährlich rund 114 Milliarden Euro. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Studie der New Work Innovation. Für die haben 637 Menschen aus 25 Unternehmen im Dezember 2021 und Januar 2022 Tagebuch über ihre Arbeitszeitunterbrechungen geführt und Fragen beantwortet. Die Studie bezieht sich nur auf Wissensarbeiter und Sachbearbeiterinnen.
Aus einer von ihnen geführten Strichliste ergab sich, dass sie im Schnitt alle vier Minuten ihre Arbeit unterbrechen. Jedes Mal, wenn sie unterbrochen werden oder sie sich selbst ablenken, muss sich ihr Gehirn danach wieder auf die entsprechende Aufgabe einstellen. Das kostet sie laut neurowissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 15 Prozent der eigentlichen Bearbeitungszeit. Aufsummiert fallen dadurch pro Monat drei Arbeitstage weg, in denen sich das Gehirn der Mitarbeitenden wieder fokussieren muss.
E-Mails als großer Störenfried
Die Arbeit unterbrechen Beschäftigte vor allem, um ihre E-Mails zu prüfen oder auf ihr Handy zu schauen. Letzteres hat meist nichts mit den beruflichen Aufgaben, sondern dem Privatleben zu tun. An dritter Stelle zieht der Online-Chat mit Kolleginnen und Kollegen die Mitarbeitenden regelmäßig aus ihrer Konzentrationsphase heraus.
Unterbrochen wird das fokussierte Arbeiten auch durch Meetings. Im Schnitt verbringen Beschäftigte 1,5 Tage pro Woche in Meetings. Viele von ihnen werden nicht als produktiv wahrgenommen.35 Prozent der (virtuellen) Treffen empfinden die Mitarbeitenden als überflüssig. Wenig überraschend: Vor allem Führungskräfte sehen sich täglich zahlreichen Meetings und vielen Unterbrechungen ihrer Arbeit gegenüber. Je höher ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin in der Unternehmenshierarchie angesiedelt ist, desto mehr wird er oder sie durch kleine – nicht immer wichtige Dinge – aus der Arbeit gezogen.
Zeit ist Geld und durch die Unterbrechungen geben Unternehmen laut den Studienverfassern und -verfasserinnen rund 114 Milliarden Euro jährlich aus, ohne es zu wissen. Denn nicht produktiv genutzte Arbeitszeit lässt sie die Personalkosten für diesen Zeitraum umsonst zahlen. 58 Milliarden Euro fallen als Refokussierungskosten an, 56 Milliarden Euro für die als sinnlos erachteten Meetings.
So können Arbeitsunterbrechungen verringert werden
Um den Kosten und dem Stress, der bei den Mitarbeitenden durch die Unterbrechungen und Wiedereinfindungsphasen entsteht, entgegenzuwirken, empfehlen die Studienverfasser und -verfasserinnen, eine Fokuszeit von einer Stunde pro Tage einzuführen. Während dieser Zeit dürfen Beschäftigte nicht von ihren Kollegen und Kolleginnen mit Anfragen jeglicher Art gestört werden. Auch sollten sich Führungskräfte jedes bestehende Meeting anschauen und hinterfragen, ob es für eine gute Zusammenarbeit wirklich nötig ist.
Einzelne digitale Tools zu reduzieren und nur ausgewählte für die Kommunikation zu nutzen, empfehlen die New Work Innovation-Experten und Expertinnen zudem. Denn ein weiteres Ergebnis der Studie ist: Je mehr digitale Tools verwendet werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass Mitarbeitende bei ihrer Arbeit durch ebendiese Tools unterbrochen werden. Das gilt auch für das Handy der Beschäftigten. Es sollte nicht auf der Arbeit zur Kommunikation verwendet werden. Denn sobald Mitarbeitende auf ihr Smartphone schauen, würden sie nicht nur auf Arbeitsanfragen reagieren, sondern auch in den privaten Chat und die privaten Social-Media-Kanäle schauen. Das tun sie – wie die Studie zeigt – auch so schon, ohne dass es dafür einen in der Tätigkeit verankerten Grund gibt.
Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.