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Seiler bleibt trotz GDL-Protest Personalvorstand

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Martin Seiler bleibt weiterhin Personalvorstand der Deutschen Bahn (DB). Der Aufsichtsrat hat seinen Vertrag bis 2030 verlängert. Ein offener Brief der GDL an den Aufsichtsrat der Deutschen Bahn konnte daran nichts ausrichten. In dem am 17. Januar veröffentlichten Brief spricht die GDL davon, dass die „tragfähige und funktionierende Tarif- und Sozialpartnerschaft zwischen der Deutschen Bahn und der GDL nicht (mehr)“ gegeben sei. Der Grund: Martin Seiler.

Tarifverhandlungen folgen der Gewerkschaft nach immer dem gleichen Drehbuch unter der Regie von Seiler: „Verhandlung als Alibi für die Medien, keine eigenen Lösungsvorschläge von Seiten der DB, die GDL zur Schlichtung bewegen und letztlich Streiks provozieren.“ Zu Verhandlungen sei die DB erst bereit, wenn Versuche zur gerichtlichen Unterlassung der Streiks gescheitert und Streiks mit hohen Image- und wirtschaftlichen Schäden die Folge sind. Mit keinem anderen Bahnunternehmen habe die GDL solche Probleme wie mit der Deutschen Bahn.

GDL-Mitglieder sollen benachteiligt werden

Weiter schreibt die GDL, dass ihre Mitglieder bewusst benachteiligt werden würden, insbesondere durch die „tendenziöse Anwendung des Paragraf 4a TVG, dem sogenannten Tarifeinheitsgesetz (TEG).“ Dieses sagt aus, wie in Betrieben mit mehreren Tarifverträgen der unterschiedlichen Gewerkschaften verfahren wird, um Konflikte und Unklarheiten zu vermeiden. Im Wesentlichen gilt, dass nur die Bestimmungen des Tarifvertrags der Gewerkschaft Anwendung finden, welche die meisten Mitglieder im Betrieb hat. Die DB würde als einziger Arbeitgeber innerhalb der Eisenbahnen in Deutschland das Gesetz bundesweit einsetzen und so die Mitglieder der GDL benachteiligen.

Dadurch komme es zu Konflikten zwischen Führungskräften und „Für die GDL besteht kein Zweifel daran, dass auch diese Vorgänge auf Veranlassung, auf jeden Fall aber mit dem Wissen des Vorstands Personal und Recht stattfinden“, schlussfolgert die Gewerkschaft. Darüber hinaus sei die Arbeitgeberseite, sprich die DB in Person von Seiler, ebenfalls nicht daran interessiert, die Tarifverträge weiterzuentwickeln und in Zeiten des demografischen Wandels die Personalpolitik zukunftsweisender aufzustellen. Weil die Gewerkschaft keine Änderung in Seilers Verhalten und weitere Eskalation in Tarifverhandlungen erwartet, sei eine Wiederbestellung des Personalvorstandes nicht im Sinne der DB und des Aufsichtsrats der DB.

Aktuelle Personalpolitik der DB als Grund für die ablehnende Haltung

Als Gewerkschaft eine solche Forderung zu stellen, ist eher ungewöhnlich. Das sehen auch die Unterzeichner des Briefs selbst so: „Den Unterzeichnern ist durchaus bewusst, dass unser Vorgehen unorthodox ist.“ Die Bahn selbst äußerte sich auf Nachfrage nicht zu dem Brief.

Martin Seiler ist seit Januar 2018 Vorstand Personal und Recht bei der Deutschen Bahn. Zuvor war er unter anderem bei der Deutschen Post und der Deutschen Telekom in Führungspositionen tätig. In der Vergangenheit gerieten Seiler und die GDL, vor allem in Person des ehemaligen Gewerkschaftsführers Claus Weselsky regelmäßig aneinander. Im Zuge von Tarifverhandlungen konnten sich beide Seiten oft über Wochen nicht einigen und es kam immer wieder zu Warnstreiks. Gerade die Tarifverhandlungen im vergangen Jahr 2024 dürfte vielen Pendlern und Pendlerinnen in Erinnerung geblieben sein. Die Verhandlungen zogen sich inklusive mehrerer Streiks über insgesamt fünf Monate.

Damals der größte Streitpunkt: eine Lohnerhöhung und bei gleichzeitiger Senkung der Wochenarbeitszeit. Im Zuge der Tarifverhandlungen warf die Deutsche Bahn dabei der GDL mangelnde Kompromissbereitschaft vor. „Ein Vorschlag der Moderatoren lag auf dem Tisch. Und auch den hat die GDL abgelehnt. Man muss den Eindruck haben, solange die GDL nicht eins zu eins das bekommt was sie fordert, wird sie weiter streiken“, sagte Martin Seiler vor rund zehn Monaten gegenüber Phoenix zu den Verhandlungen mit Weselsky und der GDL.

Die Fronten waren seit jeher verhärtet – wohl auch, weil sich die Vertreter beider Seiten jeweils nicht mochten. „Der Tarifstreit ist längst auch zu einem persönlichen Konflikt zwischen Claus Weselsky und Martin Seiler geworden. Da prallen sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander“, sagte Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, damals über die beiden Kontrahenten gegenüber der F.A.Z. Und auch wenn Weselsky mittlerweile im Ruhestand ist, scheint es so, als würde die GDL mit dem offenen Brief weiter auf Konfrontation mit der DB und Martin Seiler gehen wollen.

Frederic Haupt ist Volontär der Personalwirtschaft.