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Hotelkette 25hours bereitet sich auf Vier-Tage-Woche vor

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Die Hotelkette 25hours steht – wie viele andere Unternehmen des Hotellerie- und Gastronomiebetriebs auch – vor einer großen und scheinbar unüberwindbaren Herausforderung: dem Mangel an Personal. „Nach dem Pandemiesommer 2021 war so gut wie keine neue Arbeitskraft mehr zu finden“, beschreibt Kathrin Gollubits, Vice President People & Culture bei dem Unternehmen, das Dilemma ihrer Branche. „Wir sprechen nicht mehr von einem Fachkräfte-, sondern mittlerweile von einem Personalmangel.“

Ein Teil der Lösung scheint auf den ersten Blick kontraproduktiv: Das Unternehmen hat sich entschieden, für zahlreiche Mitarbeitende auf Freiwilligenbasis eine Vier-Tage-Woche einzuführen. Die Mitarbeitenden, die davon profitieren, arbeiten nun auch noch weniger. Der Plan dahinter: Die Arbeitgeberattraktivität soll steigen, um neue Talente zu gewinnen. Das neue Arbeitszeitmodell sieht folgendermaßen aus: Schichtarbeitende sind vier Tage in der Woche für neun Stunden tätig. Drei freie Tage in der Woche sind ihnen garantiert. Mitarbeitende im administrativen Bereich können mit ihren Vorgesetzten besprechen, wie viele Stunden genau sie an den vier Tagen arbeiten möchten.

Kathrin Gollubits
Kathrin Gollubits will mit ihrem HR-Team bei der Hotelkette 25hours die Vier-Tage-Woche einführen. (Foto: Stephan Lemke)

Demnach arbeiten Beschäftigte in dem neuen Modell 36 statt 40 Stunden pro Woche – wenn sie das denn wollen. In ihrem Arbeitsvertrag seien allerdings weiterhin 40 Stunden festgehalten und auch das Gehalt bleibt gleich. „Die vier Stunden Differenz schenken wir den Mitarbeitenden als Mehrzeit, die zur Arbeit genutzt werden kann, wenn die Notwendigkeit dafür besteht“, sagt die Personalchefin. Alternativ können sie auch bei 40 Stunden à fünf Tage Arbeitszeit bleiben. Auszubildende, dual Studierende, Teilzeit-Arbeitskräfte und werdende Mütter könnten das neue Arbeitszeitmodell aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht in Anspruch nehmen.

Eine Testphase von November 2021 bis Februar 2022 in einem Hotel in Hamburg und dem administrativen Bereich habe gezeigt, dass das Arbeitszeitmodell auch in der Hotelbranche und im Schichtbetrieb umgesetzt werden kann. Damit gehe allerdings viel Arbeit für HR, aber im Besonderen für die Führungskräfte einher.

Weniger Arbeitszeit, mehr Mitarbeitende?

Ob die Vier-Tage-Woche wie geplant ab dem 1. April in den anderen elf Einrichtungen in allen Bereichen umgesetzt werden kann, hänge nun allerdings davon ab, ob genügend Mitarbeitende zur Verfügung stehen. Denn das neue Arbeitsmodell bedarf etwas mehr Schichtpersonal. „Das sind zwar nicht so viele, wie ursprünglich gedacht, da wir die Öffnungszeiten etwa der Gastronomie im Hotel der Vier-Tage-Woche leicht angepasst haben“, sagt Gollubits. „Aber wir rechnen derzeit mit 5 bis 7 Prozent höheren Personalkosten.“

Im administrativen Bereich würden dagegen keine zusätzlichen Arbeitskräfte gebraucht. „Unsere Testphase hat erstaunlicherweise gezeigt, dass unsere Mitarbeitenden produktiver geworden sind und dieselbe Menge an Arbeit in kürzerer Zeit erledigt haben“, so Gollubits. Zudem sei in den Testmonaten ein Rückgang an Abwesenheitstagen festgestellt worden und die Beschäftigten seien der Arbeit positiver gesonnen.

Außerdem hängt die Umsetzung der Vier-Tage-Woche damit zusammen, ob die Führungskräfte bis dahin die Dienstpläne entsprechend geändert und die Schichten koordiniert haben. Ihre Bereitschaft dazu sei allerdings groß. „Die Führungskräfte reagierten durchwegs positiv auf das Angebot“, sagt die Personalchefin. „Denn sie waren bereit zahlreiche Dinge auszuprobieren, um sie selbst und ihr Team aufgrund der derzeitigen oftmals vorhandenen Unterbesetzung zu entlasten.“

Was alles bedacht werden muss

Viele Aspekte muss HR bei der Umsetzung eines solchen Projektes beachten, sagt Gollubits. So müsse im Marketing, Employer Branding sowie bei den Stellenanzeigen die Vier-Tage-Woche explizit erwähnt werden, um auch wirklich seine Wirkung zu entfalten. Zudem sei das 25hours-HR-Team dabei, Verträge neu aufzusetzen und Feiertagsregelungen neu zu bestimmen. Sehr viel Energie gekostet hätten die vorherigen Gespräche mit der Geschäftsführung. „Hier waren unsere Überredungskünste gefragt“, sagt Gollubits. Gerade in Deutschland seien dafür die Tests und deren Evaluation nötig gewesen, um vernünftig argumentieren zu können.

Die Tests halfen aber auch, mögliche Probleme schon im Vorfeld auszuschließen. „Nur so konnten wir identifizieren, wo es Stolpersteine gibt und wo Fragen aufkommen“, sagt Gollubits. In der Testphase sei beispielsweise klar geworden, dass durch die Vier-Tage-Woche und die damit erhöhte Anzahle an benötigten Schichtmitarbeitenden auch mehr Uniformen und Spinde erforderlich sind. Eine Problematik, die das HR-Team ursprünglich nicht bedacht hatte.

Eine nicht unerhebliche Rolle spiele zudem die Gleichbehandlung aller Mitarbeitenden. Was geschieht mit den Beschäftigten, die keine Lust oder keinen Anspruch auf die Vier-Tage-Woche haben? Werdenden Müttern würde man ermöglichen, öfter vom Homeoffice aus zu arbeiten, Studierende und Auszubildende sowie Teilzeitmitarbeitende würden entsprechend einem anderen Arbeitsmodell arbeiten. Ihre Lage sei deshalb nicht vergleichbar mit der Situation der Mitarbeitenden, die nun nur noch vier Tage pro Woche arbeiten können. Diejenigen Mitarbeitende, die bei ihren gewohnten acht Stunden á fünf Tage bleiben möchten, hätten sich bewusst gegen die Reduktion auf vier Tage entschieden und müssten deshalb auch mit möglichen Nachteilen leben. Auch das müsse kommuniziert werden.

Bleibt noch die Frage, ob der Plan aufgeht, und auch die zusätzlich nötigen Stellen besetzt werden können. Bisher gibt jedenfalls eine erste Tendenz der Personalchefin recht. „Üblicherweise erhalten wir monatlich 500 bis 600 Bewerbungen. Nun waren es vom 1. bis 8. März bereits 890.“

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Island, Großbritannien und Belgien – und immer mehr Unternehmen auch in Deutschland probieren aus, Mitarbeitende nur noch vier statt fünf Tage arbeiten zu lassen. Die Konzepte dahinter unterscheiden sich allerdings.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.