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Hybrides Arbeiten ist noch mit Hindernissen verbunden

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SAP, Volkswagen und die Deutsche Bank – viele Arbeitgeber in Europa holen ihre Mitarbeitenden, die seit Corona verstärkt von zu Hause aus gearbeitet haben, zurück ins Büro. Warum? Das kann unter Umständen auch ein Stück weit eine aktuelle Studie von Cisco unter dem Namen „EU Hybrid Work“. Demnach verpflichten mehr als drei Viertel (79 Prozent) der Unternehmen ihre Belegschaft zur Präsenzarbeit, in Deutschland sind es mit 82 Prozent sogar noch etwas mehr. Allerdings schreiben hierzulande nur 17 Prozent die komplette Rückkehr in die Firma vor – also fünf Tage pro Woche im Betrieb zu arbeiten. Mit 65 Prozent erwartet die Mehrheit eine teilweise Rückkehr ins Büro und möchte die Mitarbeitenden an einer bestimmten Anzahl an Tagen vor Ort haben. Weitere 19 Prozent der Arbeitgeber machen keine Vorschriften.

Der Trend verfestigt sich damit noch mehr auf dem hybriden Arbeiten. 90 Prozent der deutschen Arbeitgeber (europaweit 83 Prozent) gehen davon aus, dass der durchschnittliche Beschäftigte innerhalb der nächsten zwei Jahre hybrid arbeiten wird. Für die Studie hat Cisco im Januar dieses Jahres in sechs europäischen Ländern insgesamt 3.500 Beschäftigte und 1.050 Unternehmen befragt, davon in Deutschland 150 Mitarbeitende und 500 Arbeitgeber.

Was spricht für mehr Präsenzarbeit?

Aus welchen Gründen gehen die deutschen Unternehmen dazu über, wieder öfter oder ausschließlich Präsenzarbeit vorzuschreiben? Für gut die Hälfte (53 Prozent) ist die Teamkommunikation ausschlaggebend, für jeweils 45 Prozent die Produktivität und die Arbeitsplatzkultur und für weitere 43 Prozent ist der Führungsdruck ein Argument.

Diese Wahrnehmung widerspricht Studien, die klar aufzeigen, dass die Produktivität im Homeoffice nicht leidet. Gleichzeitig deuten die Ergebnisse der Cisco-Befragung an: Führung auf Distanz ist weiterhin eine Herausforderung für viele Chefinnen und Chefs. Dass die Teamkommunikation bei der Arbeit von zu Hause aus zu kurz kommt, war hingegen immer schon ein Knackpunkt von Remote Work. Das zeigt auch die Einschätzung der befragten Beschäftigten: Sie erwarten sich durch Präsenzarbeit Vorteile für die Zusammenarbeit (31 Prozent), das Zusammengehörigkeitsgefühl (27 Prozent) und für gemeinsames Brainstorming (9 Prozent). Dementsprechend geben fast drei Viertel (72 Prozent) der Mitarbeitenden an, dass sie der geforderten Rückkehr ins Büro positiv gegenüberstehen.

Abhängig vom Alter

Das passt mit weiteren Ergebnissen der Befragung zusammen, die wohl den einen oder die andere überraschen: Über alle Altersgruppen hinweg sagen die meisten Beschäftigten (47 Prozent), dass sie am liebsten ausschließlich im Büro arbeiten wollen und dies am produktivsten finden. Für die von Unternehmen bevorzugte Hybridversion sprechen sich 28 Prozent aus. Nur aus dem Homeoffice zu arbeiten, ist lediglich für 14 Prozent das bevorzugte Arbeitsmodell. 12 Prozent haben keine Präferenzen. Allerdings gibt es hier Unterschiede je nach Alter der Mitarbeitenden: Während die Babyboomer am liebsten vor Ort arbeiten, bevorzugen die Millennials hybride Modelle und die jüngste Generation Z ist die einzige Altersgruppe, die das Homeoffice präferiert.

Technische Ausstattung unzureichend

Dafür, dass künftig wieder mehr Mitarbeitende ihre Tätigkeit auch vor Ort ausüben werden, sind die Büros laut der Studie noch gar nicht eingerichtet. Dass das Büro auf hybrides Arbeiten sehr gut angepasst ist, denken lediglich 37 Prozent der Arbeitgeber und 38 Prozent der Angestellten. 91 Prozent der deutschen Befragten sagen, dass sich die bislang vorhandenen Tools nicht nahtlos im Büro einsetzen lassen. Die Befragten bemängeln vor allem die unzureichenden Videobedingungen. 42 Prozent der Unternehmen, die ihre Besprechungsräume als ineffektiv für eine Produktivitätssteigerung einschätzen, geben als Grund das Fehlen von Video- und Audio-Endpunkten in den Räumen an. Weitere Gründe sind die geringe audiovisuelle Qualität (37 Prozent), das Fehlen von Video- und Audioendgeräten (26 Prozent) und die mangelnde Konsistenz der Erfahrungen von Teilnehmenden aus der Ferne und aus dem Büro (26 Prozent).

Bislang hat knapp ein Viertel (22 Prozent) der Unternehmen in Deutschland seine Büros bereits entsprechend umgestaltet. Fast ein Drittel (31 Prozent) kümmert sich gerade um das Redesign und ein Fünftel (21 Prozent) plant Verbesserungen. Allerdings sind die Anforderungen für hybrides Arbeiten nicht der Haupttreiber für eine Umgestaltung der Büros, sie spielt für 39 Prozent der Unternehmen eine Rolle, während weitere 46 Prozent den technologischen Fortschritt und 32 Prozent geänderte Mitarbeitererwartungen anführen.

„Wenn Mitarbeitende wieder in das Büro kommen sollen, müssen diese Orte Magnete werden und keine Verpflichtung. Wir sehen leider, dass das oft noch nicht der Fall ist in Deutschland. Oft wird aktuell wieder auf Anwesenheit verpflichtet, ohne den Ort attraktiver zu machen. „Back to Office“ wird nur in einer Balance erfolgreich sein, die auch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt“, sagt Anton Döschl, Collaboration Lead bei Cisco Deutschland.

Auch Teamzusammenhalt kann bei hybriden Modellen leiden

Die Befragungsergebnisse werden von Erkenntnissen einer anderen Studie unterstützt. Die „Top 10 Herausforderungen beim Führen hybrider Teams“ des Beratungs- und Trainingsunternehmen virtuu, für die zwischen April 2022 und Dezember 2023 rund 370 Führungskräfte befragt wurden, zeigt ebenfalls Probleme bei hybriden (und rein digitalen) Meetings sowie beim Informationsaustausch und Wissenstransfer innerhalb eines Teams auf. Die Führungskräfte sehen daneben weitere und noch größere Herausforderungen, vor allem das Risiko eines schwindenden Teamzusammenhalts und des Gemeinschaftsgefühls, wenn einige der Mitglieder ganz oder teilweise aus dem Homeoffice arbeiten. Genauso häufig nannten die Befragten Sorgen um die Organisation der täglichen Zusammenarbeit, insbesondere die Abstimmung von Präsenzzeiten im Team und die Strukturierung des Arbeitstags für Einzelne. Außerdem bemängeln Führungskräfte einen möglichen Verlust an menschlicher Nähe in hybriden Teams, wenn der Plausch in der Küche oder das gemeinsame Mittagessen fehlten.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.