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In Deutschland wurde 2024 weniger gearbeitet als 2023

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Immer mehr Menschen sind in der Bundesrepublik zwar berufstätig, arbeiten dafür durchschnittlich aber weniger Stunden. „Erstmals seit Corona ist das Arbeitsvolumen der Erwerbstätigen gesunken“, sagt Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Durchschnittlich haben Erwerbstätige in Deutschland 2024 laut dem IAB pro Kopf 1.332 Stunden gearbeitet. Das sind 3,5 Stunden weniger als 2023, was einen Rückgang um 0,3 Prozent darstellt. Einen nicht geringen Anteil an den gesunkenen Arbeitszeiten haben Selbstständige. Wenn man sich nur die Arbeitsstunden der abhängig Beschäftigten anschaut (inklusive Nebenjob), sieht man einen Rückgang von 1,2 Stunden. Sie arbeiteten 2024 durchschnittlich 1.294 Stunden pro Kopf.

Teilzeitquote gestiegen

Dass die Arbeitsstunden gesunken sind, hängt auch damit zusammen, dass im vergangenen Jahr mehr Menschen in Teilzeit und weniger in Vollzeit gearbeitet haben als noch im Jahr zuvor. 16,73 Millionen Menschen und damit knapp 200.000 mehr als 2023 waren laut IAB Teilzeitkräfte. Die Teilzeitquote in Deutschland liegt bei 39,5 Prozent. Gleichzeitig sank die Anzahl der Menschen, die in Vollzeit ihrem Job nachgehen, um rund 46.000 auf 25,58 Millionen gesunken.

Zählt man alle Arbeitsmodelle zusammen, zeigt sich folgendes Bild: Mehr Menschen waren 2024 abhängig beschäftigt als im Vorjahr. Hier verzeichnet das IAB ein Plus um 71.000 Personen auf 42,31 Millionen. Hinzu kommen rund 3,8 Millionen Selbstständige.

Diese Menschen haben durchschnittlich nicht nur weniger Arbeitsstunden in ihrem Vertrag stehen als noch im Vorjahr, sondern auch weniger Überstunden gemacht. Durchschnittlich haben beschäftigte Arbeitnehmende 2024 13,1 bezahlte Überstunden (ein Minus von 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) und 15,1 bezahlte Überstunden (0,1 Prozent weniger als zuvor) gemacht.

Gleichzeitig ist die Kurzarbeit gestiegen – vor allem aufgrund der Krise in der Industrie. 2024 waren 300.000 Menschen in Kurzarbeit, rund 60.000 mehr als im Vorjahr.

Zahlen könnten Diskussion um Arbeitszeit neu entfachen

Diese Entwicklung passt nicht mit den Forderungen von einzelnen Arbeitgebern und Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik zusammen. Jüngst hatte Google-Mitgründer Sergej Brin KI-Programmierern und -Programmiererinnen bei Alphabet in einem Memo geraten, ihre wöchentliche Arbeitszeit auf 60 Stunden pro Woche zu erhöhen. Das sei ein „optimaler Bereich“, um produktiv zu sein. Und nur mit dieser hohen Arbeitszeit könne Google die Führung in der KI-Industrie übernehmen.

In Deutschland hatte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger im Frühjahr 2024 gefordert: „Wir brauchen eine Steigerung der Arbeitsstunden von den Menschen.“ Nur so könne dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Aufgrund des demografischen Wandels stehen der deutschen Wirtschaft zukünftig weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Wenn diese nun auch noch weniger arbeiten, verstärke sich der Fachkräftemangel weiter. Stattdessen müssten weniger Menschen jetzt mehr arbeiten.

Doch nicht jeder Arbeitgeber in Deutschland sieht das so. Das mag wohl auch daran liegen, dass die Arbeitgeberattraktivität für viele Talente steigt, wenn sie wissen, dass sie beim entsprechenden Unternehmen ihre Arbeitszeit flexibel einteilen können. So sagte TUI-Personalvorständin Sybille Reiß im Sommer vergangenen Jahres: „Man muss nicht mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten, um Vorständin zu sein.“ Die Arbeitsergebnisse müssten natürlich gut sein, aber das habe nicht immer etwas mit der Arbeitszeit zu tun.

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.