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Umfrage: „strategische Lücken“ bei KI-Einsatz im Personalwesen

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Personalabteilungen profitieren bereits vielerorts vom Einsatz von Generativer KI bei bestimmten Prozessen, beispielsweise durch KI-generierte Texte für Stellenanzeigen. Trotz solcher Fortschritte wird das Potenzial der Technologie allerdings offenbar „noch lange nicht ausgeschöpft“. Das zeigt eine aktuelle Analyse des Beratungsunternehmens BearingPoint. Grund dafür seien unter anderem fehlende Strategien zur KI-Integration, Datenverfügbarkeit und unzureichende KI-Kompetenzen. 

Für die kürzlich veröffentlichte Untersuchung wurden eigenen Angaben nach 700 C-Level-Führungskräfte in Großunternehmen aus verschiedenen Ländern nach ihrer Einschätzung zu Fortschritten und Hemmnissen bei KI-Einsatz im Bereich HR befragt. 

Die Ergebnisse zeigen, dass Generative KI heutzutage schon signifikante Effekte auf die Effizienz von Abläufen sowie die Mitarbeiterzufriedenheit in Unternehmen haben kann – insbesondere in den Bereichen Recruiting, Onboarding und Personalentwicklung. Unternehmen, die diese Technologie einsetzen, profitieren demnach von beschleunigten Prozessen und einer höheren Qualität in der Personalauswahl und -entwicklung. 

Effizientere Recruiting- und Onboarding-Abläufe 

Zu den meistgenannten Anwendungsbereichen von KI im Personalwesen zählen dabei aus Sicht der Befragten: 

  • effiziente Kandidatensuche und -auswahl 
  • personalisierte Onboarding-Pläne 
  • Erfassung und Analyse von Feedback 
  • Erfahrungs- und Verhaltensanalysen zur Optimierung von HR-Entscheidungen 

Für die genannten User-Cases benennen die befragten Führungskräfte konkret unter anderem folgende positiven Effekte:  

  • eine „erhebliche Prozessoptimierung im Recruiting“, die zu schnelleren Abläufen und damit „effizienteren Einstellungen“ führe 
  • eine „signifikante Zeitersparnis“ beim automatisierten Abfassen von Stellenbeschreibungen, die Personalabteilungen entlaste und es ermögliche, sich mehr „auf strategisch wichtigere Aufgaben zu fokussieren“. 
  • „erheblich“ mehr Zufriedenheit bei neuen Beschäftigten durch personalisierte Onboarding-Instrumente, die „zu einer besseren Integration und langfristigen Bindung“ der Mitarbeitenden beitrage und deren Einarbeitungsphase „deutlich effektiver“ mache. 

Laut Tobias Liebscher, Partner People and Strategy bei BearingPoint, ist das „ein klarer Beweis dafür, dass diese Technologie das Personalwesen grundlegend verbessern kann“. 

Positive Impulse durch KI sehen die Managerinnen und Manager zudem in den Bereichen Schulung und Weiterbildung sowie der Auswahl von Talenten. Hier berichten diejenigen mit einschlägiger Erfahrung den Machern der Untersuchung zufolge von „einer passgenaueren Besetzung offener Positionen“. Überdies ermögliche die Technik, Feedback aus der Belegschaft zu sammeln und zu analysieren, „um frühzeitig Verbesserungspotenziale und Trends zu identifizieren“. 

Neben Licht auch Schatten 

Zugleich gibt es in vielen Organisationen offenbar noch systematischen Nachholbedarf, der es erschwert, die etwaigen Vorteile von KI umfassend zu nutzen. Laut Tobias Liebscher „stehen Unternehmen vor der Herausforderung, diese technologischen Fortschritte strategisch zu integrieren und nachhaltige Lösungen zu entwickeln“.  

Das zeigen auch die Zahlen: So haben 40 Prozent der etwa 150 befragten deutschen Unternehmen noch keine umfassende Strategie, die den Einsatz von Generativer KI unterstützt. Und nur 23 Prozent sehen sich in der Lage, ihre Daten vollständig zu nutzen. Das aber sei nötig, denn ohne entsprechende Infrastruktur bleibe „der Einsatz von künstlicher Intelligenz auf halbem Weg stecken“. 

Info

Ein weiterer Hemmschuh ist gemäß den Angaben die Arbeitsplatzsicherheit. In Deutschland beobachten demnach 78 Prozent der befragten Führungskräfte eine starke Unsicherheit bezüglich potenzieller Jobverluste durch den Einsatz von KI. Das sei nicht nur in der Belegschaft, sondern auch im Management spürbar und könne die Einführung neuer Technologien bremsen. Um Abhilfe zu schaffen, müsse diesen Ängsten „aktiv“ begegnet werden, empfehlen die Beraterinnen und Berater. 

Dass hier in Deutschland sprichwörtlich noch viel Luft nach oben ist, hatte jüngst auch eine Studie der Universität Konstanz gezeigt. Demnach „existiert in vielen Organisationen ein Defizit in Bezug auf die Kommunikation zu KI-Themen und dadurch bedingte Veränderungen, sowohl von den Geschäftsleitungen als auch von direkten Führungskräften“.  

Engpässe zeigen sich schließlich auch in puncto technische Fähigkeiten und Know-how. Gerade einmal sieben Prozent der befragten Organisationen hierzulande haben Maßnahmen ergriffen, um KI-Kompetenzen zielgerichtet auszubauen. Das verdeutliche, „dass viele Unternehmen die Notwendigkeit von Upskilling und technischen Schulungen unterschätzen“, so BearingPoint.  

Die Werte im Überblick: 

Handlungsfeld Anteil gesamt Anteil Deutschland 
Unternehmen, die eine Strategie zur KI-Integration entwickelt haben: 37 % 40 % 
Unternehmen, die Initiativen für KI-Kompetenzen entwickelt haben: 11 % 7 % 
Unternehmen, die Daten bereit haben für KI-Integration: 25 % 23 % 
Unternehmen, die Angst vor Arbeitsplatzverlust als große Herausforderung bei der Einführung von KI betrachten: 81 % 78 % 
Quelle: BearingPoint-Studie „AI-driven Transformation: Becoming an Augmented Organization“, Juli 2024.

Was schafft Abhilfe? 

Um gegenzusteuern und „strategische Lücken” zu schließen, empfehlen die Autorinnen und Autoren der Untersuchung vier Ansätze: 

  1. eine HR-Strategie, die technologische und menschliche Faktoren berücksichtigt 
  1. Verbesserungen bei Datenverfügbarkeit und -qualität 
  1. Weiterbildung und Upskilling der Belegschaft im Bereich KI-Kompetenzen 
  1. eine innovations-affine Unternehmenskultur. 

Die Konstanzer Forschenden um Prof. Dr. Florian Kunze vom Lehrstuhl für Organizational Behavior kamen in ihrer Analyse vom September 2024 zu ähnlichen Schlussfolgerungen. Um KI-Transformation erfolgreich zu gestalten, seien „sehr viel umfangreichere Angebote und Motivation in Bezug auf KI-Qualifikation notwendig“. Zudem sei „eine proaktive Kommunikation essenziell“. Politisch könne das beispielsweise durch „gezielte Anreize und Förderung von Fortbildungsmaßnahmen zu KI-Themen für verschiedene Beschäftigungsgruppen“ flankiert werden, so eine Empfehlung. 

Info

Frank Strankmann ist Redakteur und schreibt off- und online. Seine Schwerpunkte sind die Themen Arbeitsrecht, Mitbestimmung sowie Regulatorik. Er betreut zudem BetriebsratsPraxis24.de, unser Portal für Mitbestimmung.