Im vergangenen Jahr ist Bewegung in die Spitzengremien vieler Unternehmen gekommen. War der Frauenanteil in den Vorständen der Dax-40-Unternehmen in den Jahren zuvor recht konstant gewesen, nahm 2021 der Anteil weiblicher Topmanager um fast vier Prozent zu. In M-Dax-Unternehmen sieht es dahingegen nicht so positiv aus, auch dringen Frauen meist nur in bestimmten Ressorts bis an die Spitze vor. Das geht aus einer aktuellen Analyse der Personalberatung Russell Reynolds Associates hervor.
2021 ist die Frauenquote in den Dax-40-Vorständen gegenüber dem Vorjahr mit 16 Neuberufungen von weiblichen Führungskräften von 15,3 auf 19,1 Prozent gestiegen. Damit sind 42 Prozent aller neu in die Führungsgremien bestellten Vorstände weiblich. Zum 1. April dieses Jahres wird der Anteil voraussichtlich bei 20,2 Prozent liegen, berücksichtigt man die bereits bekanntgegebenen Neubesetzungen. Wenn die Entwicklung weiter in diesem Maße voranginge, läge die Quote 2024 bei mehr als 30 Prozent.
Sechs Dax-40-Firmen nicht zur Frauenquote verpflichtet
Drei der 40 Unternehmen – Continental, Fresenius Medical Care sowie Siemens Healthineers – verfügen derzeit bereits über einen Frauenanteil von 40 Prozent im Vorstand. Bei Daimler, der Deutschen Telekom, BASF und RWE liegt die Quote bei 30 Prozent und in 21 Firmen beträgt der Anteil mehr als 20 Prozent. Acht Unternehmen haben bisher kein weibliches Vorstandsmitglied. Zwei von ihnen – Sartorius und MTU – müssen bei der nächsten Vorstandsberufung eine Frau wählen, um die seit August 2021 geltende gesetzliche Frauenquote nach dem Zweiten Führungspositionengesetz (FüPoD II) zu erfüllen.
Das Gesetzt besagt: Besteht ein Vorstand eines börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern, so muss er zukünftig mit mindestens einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein. Gemäß dieser Regel sind die restlichen sechs Dax 40-Firmen nicht dazu verpflichtet, eine Vorständin zu haben, weil ihr Vorstand entweder nur drei Mitglieder hat, was auf Delivery Hero und Sunrise zutrifft, oder weil sie wie Brenntag, HelloFresh, Linde und Porsche nicht mitbestimmt sind.
kommentiert Jens-Thomas Pietralla, Leiter der Europäischen Board & CEO Praxisgruppe von Russell Reynolds Associates, die derzeitigen Frauenquoten.
„Die intensive öffentliche Diskussion um Frauen in Führungspositionen trägt Früchte. Bislang ist die Steigerung aber auf das schmale Segment beschränkt, welches durch das Gesetz erfasst wird“,
Es sei zu hoffen, dass noch weitere Unternehmen „die Peinlichkeit einer fehlenden Gender-Diversity“ in ihren Vorstandsorganen beenden werden, so Pietralla.
Nur minimaler Anstieg bei M-Dax-Unternehmen
Was den M-Dax mit seinen 50 Unternehmen betrifft, so hat er nicht mit der Veränderungsgeschwindigkeit der Dax-40-Firmen mitgehalten: Der Frauenanteil in den Vorständen stieg minimal von elf auf 11,7 Prozent. Über die Hälfte der Unternehmen (58 Prozent) hat weiterhin keine weiblichen Vorstandsmitglieder. Im internationalen Vergleich ist Deutschland bei Frauen in den M-Dax-Firmen Schlusslicht, während die weiblichen Vorstände im Dax 40 hierzulande jetzt die Niederlande und Spanien überholt haben; weiter vorn liegen noch Norwegen, Finnland, UK, Schweden, Frankreich und Dänemark.
Gut jede zweite Vorständin im Dax 40 unternehmensintern rekrutiert
Vorne liegt auch die interne Rekrutierung gegenüber der externen, wenn es um die Besetzung von Vorstandspositionen mit Frauen geht. Mehr als jede zweite neue Dax-40-Vorständin (55 Prozent) wurde aus den eigenen Reihen rekrutiert. Dass es Unternehmen immer öfter gelinge, weibliche Führungskräfte durch gezielte Personalentwicklung auf Aufgaben im Top-Management vorzubereiten, widerlege das Vorurteil, die Dax-Firmen fänden intern keine geeigneten Kandidatinnen und sei wichtiger als jede Quote, findet Thomas Tomkos, Leiter der deutschen Board & CEO Praxisgruppe von Russell Reynolds Associates.
Ressorts HR und Digitalisierung am häufigsten weiblich besetzt
Was die Neubesetzung der verschiedenen Vorstandsressorts im Dax 40 und M-Dax mit Frauen betrifft, so entfallen je 20 Prozent und damit die meisten Berufungen auf die Ressorts Personal/HR oder Digitalisierung/Transformation. 15 Prozent sind für Division zuständig, zehn Prozent sind CFOs und je fünf Prozent sind CEOs oder vertreten das Ressort Region. Die restlichen 25 Prozent verteilen sich auf unterschiedliche Bereiche, wobei Frauen relativ häufig die Ressorts Nachhaltigkeit und Legal verantworten. Die Aufteilung zeigt, dass weiblichen Vorständen direkte Ergebnisverantwortung noch eher selten übertragen wird, die Anzahl der weiblichen CEOs und CFOs nimmt jedoch langsam zu.
Im Dax 40 höherer Ausländeranteil von Frauen als im M-Dax
Die Studie hat auch die Zusammensetzung der Vorstandsgremien je nach Geschlecht hinsichtlich Alter und Herkunft untersucht. Im DAX 40 sind fast drei Viertel (72 Prozent) der Frauen 55 Jahre oder jünger, während dieser Anteil bei den Männern nur gut die Hälfte (54 Prozent) beträgt. Im M-Dax sind 74 Prozent der weiblichen Vorstände höchstens 55 Jahre alt gegenüber 62 Prozent der Männer. Der Ausländeranteil im Dax 40 ist bei Frauen mit 45 Prozent deutlich höher als bei denen ihrer männlichen Kollegen mit 35 Prozent. Im M-Dax ist es genau umgekehrt.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.