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CoV-Rechner: So teuer sind unbesetzte Stellen

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Haben Sie in letzter Zeit versucht, sich mit einem Heizungsinstallateur oder Dachdecker zu verabreden? Oder vielleicht einen Termin bei einer Fachärztin zu bekommen? „Ausgebucht“, „kein Personal“, „in einem halben Jahr“ – so oder ähnlich lauten allzu oft die Antworten. Der Personalmangel ist schon für Endkunden zumindest ärgerlich und lästig. Im B2B-Bereich gelten offene Stellen sogar als größtes Geschäftsrisiko der Zukunft. Die ausufernden Vakanzen verursachen in Unternehmen und Organisationen nicht nur Ärger, sondern auch enorme Kosten. Tatsächlich gehört die „Cost of Vacancy“ (CoV) zu den wichtigsten Kennzahlen im Recruiting.

Durchschnittsvakanz: 143 Tage

Durchschnittlich dauert es derzeit 143 Tage, eine Stelle neu- oder wiederzubesetzen, gibt das Bundesamt für Statistik an. In Engpassbereichen wie der Altenpflege, aber auch in vielen Berufen der Baubranche, liegen die Vakanzzeiten sogar bei 250 Tagen und mehr. Der Sanitär- und Heizungsbetrieb (der leider keine Zeit für Ihre Anfrage hatte) etwa benötigt im Schnitt 255 Tage, um eine offene Stelle zu besetzen.

Exakte Kosten sind kaum bezifferbar

Wie teuer eine nicht besetzte Stelle für die suchenden Betriebe ist, ist zwar immens wichtig – aber kaum präzise zu berechnen. John Sullivan, ein US-amerikanischer HR-Professor aus dem Silicon Valley und international anerkannter Vorreiter für HR-Metrics richtete schon 2007 in einem viel beachteten Aufsatz den Fokus auf die Relevanz und Komplexität der „Cost of Vacancy“.

Produktion gestört, Beschäftigte krank

Seine Liste möglicher Folgen vakanter Stellen ist lang: Unterbrechung der Produktion und verlorene Produktivität. Störung des Teamzusammenhalts, Überlastung, vermehrte Krankheiten und Frustration der verbliebenen Beschäftigten. Die Ideenfindung und Innovationsfähigkeit des Unternehmens wird beeinträchtigt, wenn Beschäftigte fehlen. Lieferanten und Kunden springen ab, wenn Verträge infolge der Unterbesetzung nicht eingehalten werden.

Vakanzen in Führungspositionen können zusätzlich erhebliche Folgen nach sich ziehen, schrieb Sullivan, das Fehlen von Top-Managern könne sich negativ auf die externe Finanzierung und die Bereitschaft anderer auswirken, Partnerschaften oder Fusionen mit dem Unternehmen einzugehen. Vakanzen in Schlüsselpositionen könnten zudem Analysten und dem Aktienmarkt signalisieren, dass das Unternehmen schwächelt.

Formeln zur Berechnung

Angesichts der skizzierten Komplexität der Folgen von unbesetzten Stellen entwickelte und beschrieb Sullivan verschiedene Formeln, um die Cost of Vacancy anhand vereinfachender Modelle zu ermitteln. Einige Formeln basieren unter anderem auf dem anteiligen Beitrag von Beschäftigten am Umsatz des Unternehmens, andere nehmen das stellenbezogene Einkommen als Berechnungsgrundlage. Weithin durchgesetzt hat sich eine vergleichsweise simple Formel, für die folgende Faktoren verwendet werden: das Bruttojahresgehalt der vakanten Stelle, die Arbeitstage pro Jahr (in Deutschland abhängig unter anderem vom Bundesland), die Anzahl der vakanten Tage der Position und als Multiplikator der Wichtigkeitsfaktor der Stelle (1, 2 oder 3) im Unternehmen.

Der Multiplikator 1 gilt demnach für Stellen, die zwar notwendig sind, aber keinen oder wenig Einfluss auf das Unternehmensergebnis haben, etwa der Hausmeister oder Sachbearbeiterinnen. Der Multiplikator 2 gilt für Stellen mit mittlerem Einfluss, Multiplikator 3 für Stellen mit hohem Einfluss – also beispielsweise Management-Positionen oder Schlüsselrollen für Zukunftsprojekte wie Wissenschaftler. Diese vergleichsweise grobe Kategorisierung soll nach einer Studie der Universität Harvard hinreichend genau den Wert einer Stelle für das Unternehmensergebnis abbilden.

Die Formel lautet folgendermaßen:

(Jahresgehalt : durchschnittliche Arbeitstage pro Jahr) x Einflussfaktor x durchschnittliche Recruitingzeit = Cost of Vacancy

Nutzen Sie unseren Rechner, um die Cost of Vacancy für Stellen in Ihrem Unternehmen zu berechnen:

Geben Sie bitte die für Sie zutreffenden Werte ein!

Jahresbruttogehalt: Euro

Dauer der Vakanz: Tage

Anzahl der Arbeitstage:

Beitrag zur Wertschöpfung:

Beispiel Pflegedienstleitung

Zur Verdeutlichung hier ein Musterbeispiel: Welche Kosten entstehen durch die Vakanz einer Pflegedienstleitung in der Altenpflege? Das Jahresgehalt einer Pflegedienstleitung liegt laut StepStone im Schnitt bei 46.400 Euro. 250 Tage beträgt die Jahresarbeitszeit. Eine Pflegedienstleitung trägt maßgeblich zum Funktionieren der Einrichtung bei, hat also den Multiplikator 3. Die durchschnittliche Vakanz von Stellen in der Altenpflege liegt laut Bundesamt für Statistik bei 266 Tagen. Die durchschnittliche Cost of Vacancy beträgt also 148.109 Euro.

Wohlgemerkt: Dieser Betrag ist das Ergebnis einer vereinfachten Modellrechnung, keine präzise Abbildung der tatsächlichen Kosten. Angesichts der von Sullivan skizzierten Komplexität der Folgen von Stellenvakanzen ist diese meist kaum zu ermitteln. Trotzdem zeigt die Kennzahl, wie wichtig erfolgreiches Recruiting für den Unternehmenserfolg ist, denn: Schafft es ein Unternehmen schneller die Stelle zu besetzen, sinkt die Cost of Vacancy, braucht es zur Stellenbesetzung länger, steigt sie.

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Die Stepstone-Formel

Etwas anders berechnet die Jobplattform Stepstone die Kosten, die für Unternehmen aufgrund einer unbesetzten Stelle entstehen. Grundlage der Berechnung ist bei StepStone die Formel COV: Gehalt pro Tag multipliziert mit der Vakanzzeit in Arbeitstagen. Anders als bei der oben dargestellten Formel werden anhand der Unternehmensgröße die durchschnittlichen Umsätze einer Arbeitskraft berücksichtigt. Nicht zum Einsatz kommt eine individuelle Stellenbewertung. Anhand dieser Kriterien ermittelte Stepstone im vergangenen Jahr Durchschnittskosten von 29.000 Euro für eine offenen Stelle, in großen Unternehmen könnten es danach sogar mehr als 73.000 Euro sein.

Doch egal, welche Formel benutzt wird, offene Stellen kommen Unternehmen und Organisationen teuer zu stehen. Stepstone-Arbeitsmarktexperten Dr. Tobias Zimmermann macht deutlich, wie wichtig es ist, dass Unternehmen gegen die Vakanzen angehen: „Schon heute verzeichnen Unternehmen Umsatzeinbußen, weil sie sehr lange brauchen, um eine offene Stelle zu besetzen. Unternehmen werden daher künftig wesentlich stärker in schnelles Recruiting und langfristige Mitarbeiterbindung investieren müssen. Denn nur so stellen sie ihre Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten der Arbeiterlosigkeit sicher.“

Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Berichterstattung zur Aus- und Weiterbildung. Zudem ist sie verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft sowie den Deutschen Personalwirtschaftspreis.