Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Erwerbstätigkeit der geflüchteten Ukrainer steigt kaum

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Die Erwerbstätigkeit der Geflüchteten aus der Ukraine nimmt hierzulande nur leicht zu. Gingen im Herbst 2022 noch 17 Prozent der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland einer Arbeit nach, waren es im Frühjahr 2023 nur wenige mehr (18 Prozent). Grund dafür ist nicht etwa ein Mangel an Motivation vonseiten der Geflüchteten. Vielmehr halten sie ein nicht ausreichendes Kindertagesbetreuungsangebot sowie die Notwendigkeit, erst die deutsche Sprache erlernen zu müssen, von einem Einstieg ins Berufsleben ab.

Das sind die Erkenntnisse der zweiten Befragungswelle der Studie „Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland“. Beim gemeinsamen Forschungsprojekt des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB), des Forschungszentrums des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) wurden zwischen Januar und März dieses Jahres etwa 7.000 Geflüchtete aus der Ukraine befragt, die bereits im Herbst 2022 an der ersten Befragungswelle teilgenommen hatten. Insgesamt sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet.

Welcher Beschäftigung gehen die Geflüchteten nach?

Die geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer, die erwerbstätig sind, gehen in den meisten Fällen einer Vollzeitbeschäftigung nach (39 Prozent) oder haben eine Teilzeitstelle (37 Prozent). Weitere 5 Prozent der Geflüchteten befinden sich in einer Ausbildung, 2 Prozent absolvieren ein Praktikum und 18 Prozent führen eine geringfügige Tätigkeit aus. Dabei finden Geflüchtete aus der Ukraine meist in hoch- oder niedrigqualifizierten Bereichen einen Job – so etwa im Lehrbereich und in der IT oder in Form von Helfertätigkeiten beispielsweise in der Reinigung. Jobs, für die sie mittlere Qualifikationen brauchen, nehmen sie in Deutschland seltener auf.

Wie sie ihren Job fanden, wurde in der zweiten Befragungswelle nicht untersucht, sagte Yuliya Kosyakova, Leiterin des Forschungsbereichs Migration, Integration und internationale Arbeitsmarktforschung am IAB in Nürnberg, bei der Vorstellung der Befragungsergebnisse auf Nachfrage. Das wolle man in der kommenden dritten Befragungswelle nachholen. Aus anderen Untersuchungen wisse man aber, dass sich Geflüchtete bei der Jobsuche meist auf ihre sozialen Netzwerke und Bekannte verlassen oder mit der Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit eine Stelle finden.

Sprachkurse blockieren sie kurzzeitig für den Arbeitsmarkt

Ein Großteil der Geflüchteten aus der Ukraine hat allerdings noch keine Erwerbstätigkeit in Deutschland gefunden (82 Prozent). Und das obwohl zwei Drittel der Befragten angeben, sofort oder innerhalb des kommenden Jahres einem Beruf nachgehen zu wollen. Laut den Analystinnen und Analysten der Befragung liegt das vor allem daran, dass die meisten von ihnen zunächst einen Deutschsprachkurs absolvieren müssen, um ins Berufsleben einsteigen zu können. 75 Prozent der Befragten besuchen aktuell einen Sprachkurs oder haben diesen kürzlich abgeschlossen. Der Sprachkurs nimmt Zeit in Anspruch. Für sechs Monate gehen die Geflüchteten 25 Stunden pro Woche in die Sprachschule. Die restliche Zeit verbringen sie oftmals mit Hausaufgaben oder der Betreuung ihrer Kinder.

Denn die meisten Geflüchteten sind Frauen, die in vielen Fällen ohne ihren Partner in der Bundesrepublik leben. Etwa jede zweite Ukrainerin ist mit mindestens einem minderjährigen Kind nach Deutschland gekommen. Doch nur jedes zweite Kind unter sechs Jahren geht in die außerhäusliche Kinderbetreuung. Das wirkt sich auf die Teilnahme ihrer Eltern an Sprachkursen aus und dadurch wiederum auf deren Integration im Arbeitsmarkt. „Wenn Kinder in der Kita sind, besuchen die Geflüchteten häufiger einen Sprachkurs und sind auf dem Arbeitsmarkt aktiv“, sagte Andreas Ette, Leiter der Forschungsgruppe Internationale Migration am BiB in Wiesbaden.

Ist die Absolvierung eines Sprachkurses unter diesen Gesichtspunkten zwingend notwendig? Laut zahlreichen Arbeitgebern in Deutschland ja. Sie legen einen großen Wert auf Deutschkenntnisse, sagte Yuliya Kosyakova vom IAB. In ihrer eigenen Meinung zu dieser Einstellung ist die Arbeitsmarkt-Expertin zwiegespalten. „Es gibt Jobs, für die man kaum Deutschkenntnisse braucht – beispielsweise in der IT oder der Reinigung. Doch für eine nachhaltige Integration ist es wichtig, deutsch sprechen zu können.“

Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.