Die Nachricht ließ Mitbewerber sowie Recruiterinnen und Recruiter gleichermaßen aufhorchen: t-online, eines von Deutschlands reichweitenstärksten Nachrichtenportalen, hat mit „t-online.jobs“ in dieser Woche eine eigene Jobbörse gelauncht. Damit will das Portal eigenen Aussagen nach „Unternehmen und Recruiter bei der immer schwieriger werdenden Personalsuche in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels unterstützen“. Mit der Kombination aus digitalem Nachrichtenportal und Jobbörse wolle man ein „einzigartiges Ökosystem für Arbeitgeber und Arbeitssuchende“ schaffen – und damit langfristig t-online als digitales Leitmedium weiterentwickeln.
Hohe Erwartungen an das Portal
Dementsprechend sind die eigenen Erwartungen an das Jobportal nicht eben klein. Marc Schmitz, Geschäftsführer der Ströer Content Group, zu der das Nachrichtenportal seit 2015 gehört, erklärt: „Mit t-online.jobs schaffen wir eine Plattform, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer in ganz Deutschland zusammenbringt. Wir nutzen die Stärken und die Reichweite von t-online in Kombination mit dem Ströer Public-Video-Netzwerk, um den Herausforderungen des Arbeitsmarktes zu begegnen und bieten eine Lösung, die weit über die Möglichkeiten traditioneller Jobportale hinausgeht.“
Perspektivisch werden die Stellenanzeigen auch über das Public-Video-Netzwerk (DOOH) von Ströer ausgespielt, um die Reichweite und Sichtbarkeit der Stellenangebote weiter zu erhöhen. Diese zielgerichtete, regionale Platzierung soll die Relevanz einer Stellenanzeige in der Zielgruppe erhöhen.
Enorme Reichweite und demografische Vielfalt
Ein Pfund, mit dem der Newcomer auf jeden Fall wuchern kann: Mit seinen rund 30 Millionen monatlichen Nutzerinnen und Nutzern besitzt t-online eine enorme Reichweite. Ein weiterer Vorteil ist laut dem Unternehmen die demografische Vielfalt der t-online-Leserschaft, „die es ermöglicht, Stellenangebote für alle Berufsgruppen, mit unterschiedlichen Berufserfahrungen und in allen Branchen effektiv zu platzieren“.
Doch ob t-online.jobs eine ernstzunehmende Konkurrenz für etablierte Jobportale wird, ist derzeit noch offen. Wolfgang Brickwedde, Recruiting-Experte und Leiter des Institute for Competitive Recruiting, ist jedenfalls (noch) zurückhaltend: „t-online kann auf ein riesiges Publikum und die starke Marke bauen, aber nur, wenn die Menschen auch wegen Jobs und Karriere das Portal besuchen.“
Eine kurze Stichprobe von Brickwedde deutet zumindest an, dass das neue Portal noch aufholen muss. Konkret hat er getestet, wie viele Stellenangebote t-online.jobs für Recruiter und Recruiterinnen im Umkreis von 50 Kilometern um Hamburg herum im Vergleich zu seinen Mitbewerbern anzeigt. Das Ergebnis: Während t-online.jobs lediglich drei Stellenangebote für Recruiting Professionals in Hamburg listete, boten etablierte Plattformen wie Indeed (145), Linkedin (132) oder Stepstone (103) ein Vielfaches an relevanten Jobangeboten. Xing lag mit 415 Anzeigen in einer eigenen Liga. Zudem ist Brickwedde bei dem Test aufgefallen: Die Stellenanzeigen, die einem bei t-online.jobs angeboten werden, sind größtenteils dieselben wie auf Stellenanzeigen.de.
Stärken und Schwächen des neuen Players
Langfristig könnte sich die Strategie von t-online, stark auf die eigene Reichweite zu setzen, jedoch auszahlen. Auch die geplante Integration in das Public-Video-Netzwerk von Ströer, bei dem Stellenanzeigen auf digitalen Außenwerbeflächen angezeigt werden, könnte ein Alleinstellungsmerkmal werden. „Das könnte eine spannende Ergänzung sein, aber der Erfolg hängt davon ab, wie gut die Plattform technisch aufgestellt ist und ob die Preispolitik wettbewerbsfähig bleibt“, so Brickwedde.
Hier könnte das Problem liegen, glaubt der Recruiting-Experte: Mit einem Einstiegspreis von 1.250 Euro pro Stellenanzeige liege t-online.jobs auf einem Preisniveau, das sich mit den Marktbegleitern messen lassen müsse – „ohne dabei eine vergleichbare Angebotsvielfalt oder Matching-Technologie zu bieten“.
Der schwierige Weg zur Marktetablierung
„Am Ende kocht auch t-online nur mit Wasser“, bringt es Brickwedde auf den Punkt. „Der Markt für Stellenanzeigen schrumpft aktuell, und es wird spannend zu sehen sein, ob t-online hier genug Marktdurchdringung erreicht.“ Ob es t-online.jobs letztlich gelingt, Stepstone, Indeed und Co. in Bedrängnis zu bringen, bleibt jedenfalls abzuwarten.
Stepstone wollte sich auf Anfrage nicht zur neuen Konkurrenz äußern, Indeed verwies lediglich allgemein auf die eigene Positionierung und das Ziel, „alle Menschen bei der Jobsuche zu unterstützen“.
Sven Frost betreut das Thema HR-Tech, zu dem unter anderem die Bereiche Digitalisierung, HR-Software, Zeit und Zutritt, SAP und Outsourcing gehören. Zudem schreibt er über Arbeitsrecht und Regulatorik und verantwortet die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft.