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Viele Beschäftigte latent wechselbereit trotz Zufriedenheit

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Wie zufrieden sind die Beschäftigten in Deutschland derzeit und wie ist es um ihre Bindungsbereitschaft bestellt? Diesen Fragen hat sich eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Cubia gewidmet, die der Personalwirtschaft bereits vorliegt. Danach besteht für Unternehmen kein Grund zu Panik, von einer „Great Resignation“ und einem drohenden baldigen großen Stühlerücken, wie es andere Studien feststellen, könne nicht die Rede sein, heißt es. Rund drei Viertel der Arbeitnehmenden sind zufrieden und nur die wenigsten suchen aktiv nach einer neuen Stelle. Allerdings hält mehr als die Hälfte dennoch die Augen für Jobangebote offen. Die Befragungsergebnisse zeigen auf, welche Faktoren zu einem Wechsel – oder entsprechend zum Bleiben – bewegen. Für die Studie wurden im Juli dieses Jahres 1.338 Voll- und Teilzeitbeschäftigte befragt, davon 300 aus dem Öffentlichen Dienst.

Latentes Bindungsrisiko bei 53 Prozent der Beschäftigen

Lediglich acht Prozent der Befragten suchen derzeit aktiv nach einem neuen Job. 39 Prozent geben an, sich nicht für Angebote anderer Unternehmen zu interessieren. Aber immerhin mehr als jeder Zweite (53 Prozent) ist offen für andere Jobofferten, ohne sich aktuell aktiv zu bewerben. Potenziell besteht hier laut Studie ein latentes Bindungsrisiko. Zwar sei dieses Risiko momentan vermutlich noch nicht allzu groß, weil die meisten Unternehmen diese Gruppe bisher kaum anspreche oder erreiche, das könne sich aber bei einem sich weiter verknappenden Angebot ändern. Dazu kommt, dass es fast die Hälfte der Befragten (46 Prozent) aktuell leicht findet, in ihrem Berufsfeld eine andere Arbeitsstelle zu finden. Bei Akademikern liegt dieser Anteil sogar bei 56 Prozent. Das Modell einer lebenslangen Beschäftigung bei nur einem Unternehmen favorisiert noch knapp ein Drittel (32 Prozent) der Befragten. Ständiges Job-Hopping ist aber für noch viel weniger Menschen (sechs Prozent) eine Option. Mit 62 Prozent spricht sich die Mehrheit für ein eher langfristiges Arbeitsverhältnis mit einigen Wechseln aus. 81 Prozent sagen, dass ihre Bereitschaft, auch in schwierigen Situationen beim Arbeitgeber zu bleiben, eher groß oder sehr groß ist. Seit Beginn der Corona-Zeit hat allerdings die Toleranz, negative Situationen im aktuellen Unternehmen durchzustehen, bei mehr als einem Drittel (37 Prozent) der in der Privatwirtschaft tätigen Befragten abgenommen. Diejenigen, deren Leidensfähigkeit gesunken ist, sind eher für andere Arbeitgeber ansprechbar und auch eher aktiv auf Jobsuche.

Jeder Zweite ist vollkommen oder weitgehend mit Arbeitgeber zufrieden

Die Hälfte der Befragten (50 Prozent) ist nach eigener Angabe derzeit mit ihrem Arbeitgeber vollkommen oder weitgehend zufrieden. Dazu kommen 24 Prozent, die sich als eher zufrieden bezeichnen, so dass der Anteil der Zufriedenen bei knapp drei Vierteln (74 Prozent) liegt. Nur 13 Prozent geben an, eher, weitgehend oder vollkommen unzufrieden zu sein. Für eine Big Resignation gebe es daher keine Anhaltspunkte, so die Studie. Der hohe Anteil der Zufriedenen erkläre, dass sich trotz der als günstig empfundenen Arbeitsmarktlage nur wenige Beschäftigte aktiv bei anderen Unternehmen bewerben.

Die größten Treiber für Zufriedenheit sind das Image des Unternehmens, die Führungskraft und der Sinn der Arbeit, wobei das Image in der Privatwirtschaft eine größere Rolle spielt als im Öffentlichen Dienst. Die drei Arbeitgeberfaktoren mit dem höchsten Anteil Unzufriedener sind in der Privatwirtschaft die Benefits, Karriereaussichten und die Höhe des Gehalts. Im Öffentlichen Dienst sind es Karriereaussichten, Kolleginnen und Kollegen im Team sowie die Höhe des Gehalts. In der Privatwirtschaft sind deutlich mehr Frauen (34 Prozent) als Männer (22 Prozent) mit den Benefits unzufrieden – das ist in der Studie die stärkste Ausprägung eines Unzufriedenheitsfaktors überhaupt und könnte laut Studie ein Hinweis auf eine schlechtere Work Life Balance von Frauen sein, die im Übrigen auch bezüglich des Gehalts und der Karriereaussichten unzufriedener als die Männer sind. Bei den Beschäftigten jedoch, die aktiv auf Jobsuche oder offen für neue Angebote sind, spielen andere Faktoren für die Zufriedenheit eine Rolle: Hier stehen Arbeitskultur und Gehalt im Vordergrund, während der Sinn der Arbeit nicht entscheidend ist.

Bei schlechter Bezahlung und Führung sowie attraktiveren Angeboten kündigen Mitarbeitende

Gefragt nach den Gründen, aus denen sie am ehesten kündigen würden, geben mit 61 Prozent die meisten Beschäftigten das Gehalt an, gefolgt von schlechten Arbeitsbedingungen mit 52 Prozent sowie dem Verhalten der Führungskraft, einem attraktiveren Angebot und der schlechten Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen (jeweils 37 Prozent). Die realen Kündigungsgründe sehen jedoch etwas anders aus. Von den Beschäftigten in der Privatwirtschaft, die ihren Arbeitgeber schon einmal gewechselt haben, kündigten mit 45 Prozent die meisten wegen eines attraktiveren Angebots. Für 43 Prozent war das als negativ erlebte Verhalten der eigenen Führungskraft das Motiv. Auf Platz drei der Kündigungsgründe mit 42 Prozent stand die Höhe des Gehalts. Fehlender Sinn und uninteressante Arbeitsinhalte wurden nur selten genannt.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.