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Wechselwunsch und Einstellungsstopp: Zeit für Opportunisten?

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Immer mehr Unternehmen verhängen aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage einen Einstellungsstopp, beziehungsweise bauen wie SAP oder VW Stellen ab. Laut dem aktuellen „Jobwechsel-Kompass“, den die Königsteiner Gruppe gemeinsam mit Stellenanzeigen.de einmal im Quartal veröffentlicht, verzichten laut Aussage der befragten Beschäftigten derzeit 32 Prozent der Arbeitgeber auf Neueinstellungen. Zur gleichen Zeit waren es im vergangenen Jahr hingegen „nur“ 26 Prozent der Arbeitgeber. Für die repräsentative Erhebung wurden mehr als 1.000 Beschäftigte zu ihren Wechselabsichten befragt.

Wirtschaftliche Situation birgt Vorteile auf dem Recruiting-Markt

Doch gerade dieser sich anbahnende Trend von Unternehmen auf Neueinstellungen zu verzichten, birgt sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmende Chancen, findet Nils Wagener, Geschäftsführer der Königsteiner Gruppe: „Wirtschaftliche Flauten, wie wir sie gerade erleben, sind für Arbeitgeber immer auch die Chance, antizyklisch einzustellen und so Talente zu gewinnen, die in Boom-Zeiten deutlich schwerer zu überzeugen wären.“ Unternehmen, die jetzt, trotz der angespannten Lage, weiter Fachkräfte rekrutieren, würden später von dieser Weitsicht profitieren, meint Wagener. Denn das zeigen die aktuellen Zahlen des „Jobwechsel-Kompass“ auch: Viele Menschen sind offen für einen Jobwechsel – gerade junge Menschen. Bei 31 Prozent der Gesamtheit der Befragten ist der Wechselwunsch eher oder sehr ausgeprägt. In der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen beträgt der Prozentanteil derjenigen, die einen Jobwechselwunsch hegen, hingegen 43 Prozent.

Ist im Moment also ein guter Zeitpunkt für Recruiting? Dieser Frage widmete sich auch unsere Titelgeschichte der Oktober-Ausgabe, „Fridge Hiring statt Hiring Freeze: Ist Recruiting auf Vorrat sinnvoll?“. Die Meinungen zum sogenannten „Fride Hiring“ also Recruiting auf Vorrat fielen damals, im Gegensatz zu der Einschätzung Wageners, gemischt aus.

Ist Fridge Hiring sinnvoll?

So warnt beispielsweise Sergej Zimpel, Teamleiter Recruiting bei der Autobahn GmbH, davor, nur aufgrund dessen Personal einzustellen, weil es im Moment leichter zu haben sein könnte. „Meine Erfahrung aus der Tech-Branche hat es mir gezeigt, dass wir uns ja auch sicher sein müssen, dass wir die Leute noch in zwei Jahren bezahlen können“, führte für den damaligen Artikel weiter aus. Christina Pallmann, Recruiting-Chefin der IT-Beratung ERNI, hingegen hat schon Personen eingestellt, auch wenn das Unternehmen für diese unmittelbar keine konkrete Verwendung hatte.

Fest steht den Experten und Expertinnen zufolge dennoch, vom reinen Recruiting auf „gut Glück“ sollten die meisten Unternehmen absehen. Dennoch könnte es sich für manch ein Unternehmen lohnen, opportunistisch auf dem aktuellen Bewerbermarkt zu agieren und sich das ein oder andere Top-Talent zu sichern. Denn viele Beschäftigte, die eigentlich gar nicht wechselwillig waren, brauchten in diesem Jahr aufgrund der gestiegenen Insolvenzen dennoch einen neuen Job. Und die Insolvenzwelle wird nächstes Jahr Schätzungen der Bonitätsauskunft Creditreform zufolge anhalten.

Frederic Haupt ist Volontär der Personalwirtschaft.