Personalwirtschaft: Frau Wortmann, ist der VfL Bochum 1848 ein klassischer Mittelständler?
Mareike Wortmann: Ich würde sagen: ja. Wir sind natürlich in erster Linie ein Fußballklub – mittlerweile seit über vier Jahren erstklassig – aber eben auch ein Wirtschaftsunternehmen. Und wir suchen ebenso Fachkräfte sowie Spezialistinnen und Spezialisten in einzelnen Gebieten wie andere Firmen in der Region – und konkurrieren in der Personalsuche auch mit ihnen. Aber klar: Unsere Branche bringt auch gewisse Besonderheiten mit sich.
Welche?
Als Großveranstalter und mit dem Spielbetrieb in der Fußball-Bundesliga begeistern wir Woche für Woche Menschenmassen, im Stadion, an den TV-Bildschirmen und über unsere digitalen Kanäle. Wir sind bekannt in Bochum und über die Stadtgrenzen hinaus, sogar international.
Das hilft sicherlich bei der Suche nach Fachkräften.
Natürlich profitieren wir von dieser Reichweite und der damit verbundenen Aufmerksamkeit. Dennoch haben wir die Herausforderung, den VfL auch darüber hinaus als Arbeitgeber sichtbarer zu machen, sei es im Greenkeeping oder in der IT. Da wollen wir auch Menschen ansprechen, die sich vielleicht noch nicht so sehr für Fußball interessieren, aber die Fachexpertise mitbringen.
Info
Über Parallelen, Unterschiede und Learnings spricht Mareike Wortmann am 9. Mai auch bei der Schicht im Schacht. Die Personalwirtschaft ist Medienpartner der Konferenz.
Wie machen Sie das?
Grundsätzlich ganz ähnlich wie andere Unternehmen auch. Wir setzen uns mit dem Arbeitgebermarketing auseinander. Vor kurzem haben wir zum Beispiel unsere Karrierewebsite sowie das Stellenanzeigenlayout überarbeitet. Wir möchten nicht nur den Fußball auf der Karrierewebsite zeigen, um eine breite Zielgruppenansprache zu fördern.
Was zeigen Sie stattdessen?
Wir werfen dort einen Blick hinter die Kulissen und präsentieren, was uns als Arbeitgeber auszeichnet.
Was zeichnet Sie denn aus?
Wir begeistern Menschen unterschiedlichster Herkunft Woche für Woche und bieten ihnen ein friedliches Zusammensein. Wir sehen uns als Großveranstalter und als Teil der Stadt Bochum. Diese soziale Verantwortung tragen wir mit Stolz. Wir sind mehr als 90 Minuten Fussball Woche für Woche, wir engagieren uns im Rahmen des Corporate Volunteerings, wir bieten ein familiäres Arbeitsumfeld, in dem jeder zählt und sich hoffentlich wohlfühlt. All diese Aspekte möchten wir sichtbarer machen.
Wie abhängig sind Sie in der Personalabteilung vom Erfolg der Profimannschaft? Die spielt ja seit ein paar Jahren wieder erstklassig.
Laut unserer Geschäftsführung muss sich keiner Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen, selbst wenn es mal wieder in die 2. Liga gehen sollte, was beim VfL Bochum 1848 nun mal dazugehört und in jeder Saison passieren kann. Dass sich dann niemand sorgen muss, ist ganz wichtig und das Ergebnis seriöser Entwicklung in den vergangenen Jahren. Der gesamte Unternehmensapparat hat sich stetig professionalisiert und wird das fortan. Wir brauchen auch in der zweiten Liga ein Ticketing, Marketing sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fanshop und viele mehr. Durch die Ausgliederung der GmbH & Co. KGaA hat sich unser Wachstum stark beschleunigt. Mittlerweile arbeiten über 550 Menschen hier beim VfL.
Dann schauen Sie doch einmal in unser Dossier zum Thema. Dort stellen wir für Sie kontinuierlich Studien, Deep-Dives und Best Cases zusammen. Denn als wie attraktiv ein Unternehmen wahrgenommen wird, hängt maßgeblich von der Employer Brand ab. Erfahren Sie, wie Sie nach außen und innen zeigen, was Ihre Unternehmenskultur und Karrieremöglichkeiten einzigartig macht.
Auf die Arbeitgebermarke hat der Erfolg aber keinen Effekt?
Nein, egal ob in der ersten oder zweiten Liga, es kommen die gleichen Menschen zu uns. Menschen, die im Profisport arbeiten wollen – und in einem eher familiären Umfeld. Wir punkten vielleicht nicht mit den finanziellen Möglichkeiten, aber damit, dass jeder zählt und früh Verantwortung übernehmen darf. Kreative Ansätze und gute Ideen sind bei uns nicht nur erwünscht, sondern explizit gefragt.
Das wiederum erinnert an das, was Verfechter und Verfechterinnen von Mittelstandskarrieren immer wieder als Vorteil anpreisen.
Genau. In so kleineren Strukturen ist es oft alles familiärer. Man hat vermutlich eine persönlichere Unternehmenskultur, direktere Kommunikationswege, kürzere Entscheidungswege. All das sind Stärken, die man nutzen und erlebbar machen kann durch ein entsprechendes Arbeitgebermarketing. So dass Leute sich vielleicht doch im Zweifel für einen unbekannten Mittelständler entscheiden, weil sie sich dort besser aufgehoben fühlen.
Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit den Themen Recruiting und Employer Branding.