In der Ausbildungsvergütung tut sich was – und zwar mehr als in der Entwicklung der Gehälter von Angestellten. „Die Ausbildungsvergütung wurde in vielen Tarifbranchen seit Beginn des Ausbildungsjahres 2023 stärker angehoben als das Entgelt der Beschäftigten“, heißt es im aktuellen Report des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zur tarifvertraglichen Ausbildungsvergütung 2024.
In den letzten fünf Jahren ist die Vergütung für Beschäftigte in den 20 größten Tarifbranchen Deutschlands durchschnittlich um 15 Prozent gestiegen. Für Azubis dahingegen ist sie in acht Tarifbereichen um ganze 40 bis 52 Prozent gestiegen. In zwölf weiteren Tarifbereichen gab es einen Anstieg von 30 bis 40 Prozent. Nur acht Tarifbranchen haben einen Vergütungsanstieg von weniger als 15 Prozent verzeichnet. Nicht unerwähnt bleiben sollte hier allerdings: Die acht Tarifbereiche, in denen die Azubi-Vergütung am meisten gestiegen ist, befinden sich im Osten Deutschlands und haben sich mit der Erhöhung an westliche Verhältnisse angepasst. Diese Tatsache miteingeschlossen, ist der Anstieg allerdings immer noch deutlich höher als bei regulär Beschäftigten in besagten Tarifbereichen.
Wie viel verdienen Azubis derzeit?
Doch mit wie viel Geld können Azubis nach der Gehaltserhöhung Azubis am Ende des Monats rechnen? Dies unterscheidet sich stark nach Branche und Region. Bezüglich der Branche zeigt sich mittlerweile klar der Einfluss des Fachkräftemangels: Die Bestverdiener und -verdienerinnen unter den Azubis im ersten Ausbildungsjahr sind aktuell Pflegekräfte, die unter dem Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes für Bund und Kommunen fallen. Sie erhalten monatlich 1.341 Euro. Erst an zweiter Stelle kommen Azubis im Bankgewerbe (1.300 Euro) und mit 1.245 Euro Auszubildende in der baden-württembergischen Textilindustrie.
Im dritten Ausbildungsjahr sieht die Spitze der Bestverdiener etwas anders aus. Denn dann bekommen Azubis im Bauhauptgewerbe am meisten Geld (1.500 Euro im Westen und 1.450 Euro im Osten). Pflegekräfte (1.503 Euro) und Azubis im privaten Bankgewerbe (1.450 Euro) zählen aber weiterhin zu den Gutverdienern unter den Auszubildenden. Wenig verdienen aktuell dahingegen Auszubildende im Friseurhandwerk in Nordrhein-Westfalen (960 Euro im dritten Ausbildungsjahr), Auszubildende in der Landwirtschaft in Nordrhein (960 Euro) sowie in der Floristik in den westlichen Bundesländern (1.000 Euro). In elf der zwanzig untersuchten Tarifbranchen gibt es Gehaltsunterschiede zwischen Westen und Osten.
Der aktuelle Azubi-Markt
„Die Vergütung reflektiert die Stellung und Knappheit bestimmter Berufe auf dem Arbeitsmarkt“, heißt es im WSI-Report. Ob Azubi-Stellen dadurch zukünftig besser besetzt werden können, bleibt abzuwarten. In der jüngsten Vergangenheit ist die Zahl an unbesetzten Ausbildungsstellen weiterhin gestiegen. Laut der Bundesagentur für Arbeit waren am 30. September 2023 73.400 betriebliche Ausbildungsstellen unbesetzt (14 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist dies ein Anstieg von 1 Prozentpunkt (13 Prozent).
Dem gegenüberstehen knapp 63.700 unvermittelte Bewerbende. Sie finden aufgrund von Passungsproblemen – sowohl berufsfachliche, regionale und eigenschafts- beziehungsweise verhaltensbezogene – nicht zueinander. Besonders viele unbesetzte Azubi-Stellen fanden sich 2023 im Handel und Bau, aber auch in der Lagerwirtschaft, in Metallberufen, im Lebensmittelbereich und in der Fahrzeugführung. Bereiche, in denen die Vergütung laut WSI-Report im mittleren Feld liegt.
Gleichzeitig hat es 2023 mehr neu abgeschlossene Ausbildungsverträge gegeben als im Vorjahr. 479.000 solcher Verträge wurden im vergangenen Jahr unterzeichnet – ein Anstieg von 2,1 Prozentpunkten. Besonders im Öffentlichen Dienst wurden mehr Azubi-Verträge abgeschlossen (plus 5 Prozentpunkte). Das Minus aus den vergangenen Jahren kann damit allerdings nicht ausgeglichen werden. „Der Trend der sinkenden Azubi-Zahlen kehrt sich nicht um, verlangsamt sich aber“, heißt es vonseiten Destatis. Grund dafür seien der demografische Wandel und die weiterhin hohe Attraktivität des Studiums.
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Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.