Der Gender Pay Gap hat sich so stark verkleinert wie nie zuvor seit seiner ersten Berechnung 2006. Laut einer Untersuchung des Statistischen Bundesamts (Destatis) verdienten Männer im vergangenen Jahr durchschnittlich 16 Prozent mehr als Frauen. Zuvor hatte die Lohnlücke bei 18 Prozent gelegen. Im letzten Jahr ist die Zahl des Gender Pay Gaps damit um rekordmäßige 2 Prozentpunkte gesunken. In den vier Jahren davor – also von 2019 bis 2023 – ist die Lohnlücke laut dieser Erhebung überhaupt nicht kleiner geworden.
In Gehältern gesprochen zeigt sich damit folgendes Bild: Frauen verdienten pro Stunde durchschnittlich 22,24 Euro brutto. Bei den Männern waren es 26,34 Euro, womit sie 4,10 Euro mehr verdienen als Frauen. Ob man dieses Verhältnis in den einzelnen Bundesländern vorfindet, hängt auch davon ab, ob sich die Länder im Osten oder Westen Deutschlands befinden. So ist der Gender Pay Gap im Osten mit 5 Prozent deutlich geringer als im Westen (17 Prozent).
Dass sich die Gehälter von Männern und Frauen 2024 mehr angeglichen haben als jemals zuvor, liegt laut den Expertinnen und Experten von Destatis vor allem daran, dass die Bruttoverdienste von Frauen stärker gestiegen sind als die der Männer. Verdienten sie 2023 noch durchschnittlich 2.633 Euro brutto im Monat, waren es im Folgejahr 8 Prozent mehr und damit 2.851 Euro. Bei den Männern stieg der Bruttomonatsverdienst dahingegen nur um 5 Prozent an (von 3.873 auf 4.078 Euro).
Frauen gehen nun häufiger gut bezahlten Jobs nach
Woran das wiederum liegt, lässt sich aus den Destatis-Zahlen nur implizit herausfinden. Frauen waren 2024 weniger häufig in schlechter bezahlten Jobs tätig als im Vorjahr (24 Prozent der Lohnlücke hatte sich daraus 2023 ergeben, während es 2024 nur noch 21 Prozent waren). „Das könnte darauf hindeuten, dass Frauen inzwischen verstärkt in besser bezahlten Berufen und Branchen arbeiten“, heißt es vonseiten Destatis. Gleichzeitig könnte die gestiegene Anzahl von Frauen in Führungspositionen oder die nahende Verpflichtung zur stärkeren Entgelttransparenz hier schon erste Wirkungen gezeigt haben. Zahlen, die dies belegen, gibt es allerdings nicht.
Aber warum ist die Lohnlücke überhaupt so groß? Die Tatsache, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Jobs arbeiten als Männer, ist eine Komponente, die den Gender Pay Gap erklärt. Auch ergeben sich Teile der Lohnlücke daraus, dass Frauen häufiger als Männer in Teilzeitjobs arbeiten, bei denen der Stundenlohn meist geringer ist. Weitere 12 Prozent könnten sich laut der Experten und Expertinnen daraus ergeben, dass das Anforderungsniveau des Berufs, den Frauen ausüben, meist geringer ist als das des Berufs, dem viele Männer nachgehen.
Bereinigter Gender Pay Gap unverändert
Rechnet man all diese Komponenten heraus, erhält man den sogenannten bereinigten Gender Pay Gap und der liegt weiterhin bei 6 Prozent. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin am WSI der Hans-Böckler-Stiftung, lobt zwar die positive Entwicklung. Sie betont aber auch: Die Lohnlücke besteht weiterhin und damit gibt es bezüglich der fairen Bezahlung Luft nach oben. „An Arbeitgeber richtet sich folgende klare Botschaft: Wer immer wieder den Appell an Frauen richtet, mehr Erwerbstätigkeit zu leisten, sollte sie dann auch fair bezahlen“, schreibt sie auf Linkedin. Zudem warnt sie vor möglichen Konsequenzen von Teilzeit: „Wir sehen in unserer Forschung immer wieder, dass Teilzeitarbeit berufliche Aufstiege hemmt, zum Beispiel, weil Teilzeitbeschäftigte weniger Zugang zu Weiterbildung haben. Hier sind die Betriebe in der Pflicht.“
Auf rechtlicher Seite gab es kürzlich immerhin einen Erfolg für alle Teilzeitkräfte: Das Bundesarbeitsgericht hat einer Teilzeitkraft in Sachen Überstunden die gleichen Rechte zuerkannt wie Vollzeitkräften:
Der Equal Pay Day 2025 für den 7. März geplant. Der Aktionstag soll auf die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen aufmerksam machen.
Lena Onderka ist redaktionell verantwortlich für den Bereich Employee Experience & Retention – wozu zum Beispiel auch die Themen BGM und Mitarbeiterbefragung gehören. Auch Themen aus den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Diversity betreut sie. Zudem ist sie redaktionelle Ansprechpartnerin für den Deutschen Human Resources Summit.