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Wie bereitet man die interne Gehaltsüberprüfung vor?

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Frage: Wie muss ein Gehalts-Benchmarking vorbereitet werden?
Es antwortet:
Julia Frey, Head of DACH bei Ravio.

Die letzten zwölf Monate waren für HR-Teams eine enorme Herausforderung. Abteilungsleiter waren einer Vielzahl externer Faktoren ausgesetzt – starke Inflation, Massenentlassungen, den Nachwirkungen der Pandemie sowie gestiegener Konkurrenz im Personalmarkt. Viele dieser Faktoren werden zu einer erhöhten Anzahl an Mitarbeitergesprächen geführt haben – insbesondere zum Thema Vergütung.

Um zu verstehen, ob Mitarbeitende tatsächlich marktgerecht vergütet werden, ist ein gut durchdachtes Gehalts-Benchmarking eine der Grundvoraussetzungen. Im Rahmen dieses Prozesses werden interne Vergütungspraktiken mit dem Markt verglichen. Für jeden, der dieser Herausforderung zum ersten Mal gegenübersteht, sowie für erfahrene Profis, haben wir sechs Tipps aufgeführt, um die interne Gehaltsüberprüfung erfolgreich zu meistern. Von der Gestaltung von Gehaltsstrukturen bis hin zur Auswahl von Marktdaten: Mit den folgenden Schritten können “HR-Best-Practices” etabliert werden, um eine faire Vergütungsstrategie im Unternehmen zu gewährleisten.

1. Der Job-Katalog

Der erste Schritt besteht darin, zu verstehen, welche Positionen im eigenen Unternehmen bereits vorhanden sind. Dazu erstellt man einen Job-Katalog: eine Liste aller Abteilungen, Teams und Positionen, die derzeit im Unternehmen existieren (oder in naher Zukunft existieren könnten – dazu später mehr).

Oftmals stimmen die Positionen im Job-Katalog mit existierenden Jobtiteln überein – aber nicht immer. Insbesondere wenn es sich um ein Scale-up handelt, spiegeln die Jobtitel möglicherweise nicht die Realität wider. Einige kleinere Unternehmen leiden unter “Jobtitel-Inflation”, wobei seniorige Jobtitel an vergleichsweise unerfahrene Mitarbeitende vergeben wurden. Möglicherweise gibt es auch mehrere Personen mit verschiedenen Jobtiteln, die aber exakt derselben Tätigkeit nachkommen. Die zugrunde liegenden Positionen sollten objektiv in einer Liste erfasst werden – die Hierarchieebenen sind dabei zunächst irrelevant.

2. Die Job-Ebene

Der nächste Schritt besteht darin, die verschiedenen Hierarchieebenen in Form von Job-Leveln zu definieren. Die Level sind unabhängig vom Job-Katalog und der eigentlichen Tätigkeit zu betrachten. Stattdessen wird eine generische Struktur erstellt, welche die unterschiedlichen Level beschreibt und innerhalb derer die einzelnen Positionen im Unternehmen anhand ihrer relativen Gewichtung eingestuft werden können.

Die Job-Level bei Ravio (Bild: Ravio).

Für gewöhnlich unterscheiden Unternehmen dabei meist zwischen Laufbahnen für Fach- und Führungskräfte, die jeweils in verschiedene Stufen unterteilt werden. Für jedes Level müssen klare Kernkompetenzen definiert werden. Bei Ravio verwenden wir eine Struktur mit drei Laufbahnen und unterscheiden die Level nach Kompetenzen wie Verantwortung, Expertise und Autonomie.

Job-Level sind nicht nur im Rahmen des Vergütungsmanagement relevant, sondern dienen auch als Grundlage für andere Bereiche im Personalwesen. Ein Beispiel sind Karriereleitern, die Mitarbeitenden verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen aufzeigen und besonders im Laufe der letzten Jahre an Beliebtheit gewonnen haben.

3. Die strategische Ausrichtung

Nun gilt es vor allem kritisch zu prüfen, ob Job-Katalog und Job-Level sowohl mit der Strategie als auch der Vergütungsphilosophie des Unternehmens im Einklang stehen.

Wenn das Unternehmen beispielsweise auf schnelles Wachstum abzielt, sollte überprüft werden, ob die Level-Struktur gleichermaßen skalieren kann. Sind genügend Level vorhanden, um auch bei einem größeren Team noch differenziert vergüten zu können? Solche Entscheidungen sollten nach Möglichkeit von Anfang an gefällt werden, da spätere Änderungen am Job-Katalog und der Level-Struktur deutlich komplexer in der Umsetzung sind.

Die Vergütungsphilosophie definiert die Grundlagen für zukünftige Entscheidungen. Sollen Firmenanteile fester Bestandteil der Vergütung sein? Sollen alle Mitarbeitende beteiligt werden, oder nur jene ab einem bestimmten Level oder in spezifischen Positionen? Welche Rolle spielen Zusatzleistungen oder variable Vergütung im Verhältnis zum Fixgehalt? Dies sind grundsätzliche Entscheidungen, die zum größten Teil direkt von der Geschäftsführung entschieden werden müssen.

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4. Die objektive „Nivellierung“

Nachdem die allgemeine Job-Struktur steht, muss jeder Position im Unternehmen ein Level zugewiesen werden. Je nach Größe des Unternehmens können für diesen Prozess ebenfalls Abteilungsleiter oder Manager mit einbezogen werden.

Dieser Schritt mag zunächst einfach erscheinen, ist es aber keineswegs. Denn ein gut ausgeführtes Levelling nimmt ausschließlich die erforderlichen Kompetenzen sowie den Verantwortungsgrad einer Rolle in Betracht, nicht jedoch die Charakteristiken der Person, die diese Rolle derzeit innehat. Um die Problematik zu veranschaulichen: Es kommt besonders bei Start-ups häufig vor, dass relativ unerfahrene Manager in strategisch wichtigen und einflussreichen Positionen anzufinden sind. Würde man allein auf den Erfahrungsgrad der Person schauen, wäre ein hohes Level schwerlich zu rechtfertigen. Betrachtet man allerdings nur die Position an sich – zum Beispiel die Vertriebsleitung –, ist ein hohes Level meist zweifelsfrei gerechtfertigt. Mehr dazu im letzten Schritt.

Was in der Regel wochenlange Arbeit erfordert, wird von Ravio in etwa zwei Werktagen größtenteils automatisch erledigt. Dadurch bleibt unseren Kunden deutlich mehr Zeit, um die eigentlichen Entscheidungen zu fällen.

5. Die Marktdaten auswählen

Bevor die Vergütungsentscheidungen getroffen werden können, müssen Unternehmen geeignete Marktdaten fürs Benchmarking auswählen. Benchmarking-Daten sind insofern kritisch, als dass sie die Grundlage einer marktgerechten und fairen internen Gehaltsstruktur bilden.

Heutzutage gibt es verschiedene Online-Quellen für Gehaltsinformationen, wie zum Beispiel Glassdoor oder Kununu. Zudem besteht die Möglichkeit, Kandidaten und Kandidatinnen direkt nach Gehaltswünschen zu fragen, um einen Eindruck vom Markt zu erhalten. Die Schwierigkeit liegt jedoch in der Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit dieser Daten, da sie nicht verifizierbar sind. Anbieter wie Ravio erheben Gehaltsinformationen direkt von den Kunden über deren HR-System. Dadurch sind die Daten verifiziert, standardisiert und können laufend aktualisiert werden.

Für die Auswahl einer geeigneten Datenquelle sollte man vor allem verstehen, mit welcher Art von Unternehmen man sich vergleichen möchte – gemessen an der Branche, Mitarbeiteranzahl und dem Umsatz-. Relevant ist außerdem, für welche Länder man die Daten benötigt und wie benutzerfreundlich und einfach die zugrundeliegende Software ist.

6. Die Vergütungsentscheidungen treffen

Sobald die zuvor aufgeführten Schritte durchlaufen sind, kann es mit dem eigentlichen Benchmarking losgehen. Zuerst muss das allgemeine Gehaltsniveau des Unternehmens festgelegt werden. Viele Unternehmen orientieren sich hierbei am Markt-Median, wählen aber für besonders heiß umkämpfte Fachbereiche einen höheren Referenzwert. Dazu zählt zum Bespiel das 0,75-Quantil, was bedeutet, dass 75 Prozent aller Unternehmen im Markt ein niedrigeres Gehalt für eine bestimmte Kombination aus Level und Position zahlen und nur 25 Prozent mehr.

Im Anschluss können für jedes Level (und nach Belieben auch für jede Abteilung oder Position) die internen Gehälter oder Gehaltsspannen festgelegt werden. Sobald dieser Schritt erfolgt ist, sollte schnell deutlich werden, inwiefern jeder Mitarbeitende innerhalb der zugehörigen Spanne liegt beziehungsweise ob er oder sie davon abweicht. Dabei sind große Abweichungen nach oben und unten eher die Norm als die Ausnahme. Nun liegt es am Unternehmen, die eigentliche Gehaltsentscheidung auf Ebene jedes einzelnen Mitarbeitenden zu fällen. Anders als im vierten Schritt – dem Levelling – kann und sollte hier durchaus auf die Person Bezug genommen werden. Es kann beispielsweise Sinn machen, dem in Schritt 4 erwähnten unerfahrenen Vertriebsleiter anfänglich ein etwas niedrigeres Gehalt zu zahlen, als für die Rolle vorgesehen, bis sich die Person im Betrieb bewiesen hat.

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